Heinrich Aldegrever (1502-1562)
zugeschrieben
Portrait des Wiedertäufers Jan van Leiden (1509-1536)
Soest, wohl zwischen 1530 und 1540
Öl auf Leinwand, auf Holzplatte doubliert.
Portrait des Jan van Leiden zur Seite blickend, mit Barett und Pelzkragen vor grünem Hintergrund.
Das Portrait ist authentisch und original erhalten. Eine Datierung von Holzplatte, Leinwand und Malerei des Portraits in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts wird von uns als authentisch eingeschätzt. Der Hintergrund wurde wahrscheinlich im 16. oder 17. Jahrhundert vollständig übermalt.
Die Holzplatte ist rückseitig mit alter Hand (wohl 19. Jhdt.) in Bleistift bezeichnet mit Zuschreibung, Lebensdaten und rechts oben mit Monogramm „AG“ (siehe J.F. Christen, Leipzig, 1747 S. 90). Der Text schien zunächst unleserlich, konnte von uns jedoch nach der Digitalisierung mit Hilfe farbspektraler Veränderungen lesbar gemacht werden. Er lautet: „gemalt von / Aldegrever, Heinrich / auch / Albert von Westfalen / genannt / geboren 1502 / zu Soest / gest. 1562 daselbst / letzter Schüler von / Albrecht Dürer.“
Aldegrever wird hier noch mit dem im 18./19. verwendeten Vornamen „Albrecht“ genannt. Laut Christen wurde in dieser Zeit Aldegrever häufig auch „Abrecht Aldegraf“ oder auch „Albert von Westfalen“ genannt. Rechts oben auf der Rückseite der Platte Reste eines alten Siegels mit Adelswappen, wohl des 16., vielleicht auch 17. Jahrhunderts.
Dass es sich bei der Darstellung um den 1536 in Münster hingerichteten „König von Münster“, dem Wiedertäufer Jan van Leiden handelt, scheint anhand des Vergleiches mit von Aldegrever und anderen Künstlern geschaffenen Holzschnitten bzw. Kupferstichen dieser Zeit offensichtlich (siehe Bilder im Bilderbuch). Insbesondere Nasenpartie, Bartform, Kopfbedeckung und Haarschnitt besitzen auffällige Ähnlichkeiten.
Es gibt leider kaum Vergleichsmöglichkeiten zu einem von Aldegrevers Hand geschaffenen Ölgemälde, zumal es wissenschaftlich strittig ist, ob die wenigen bisher bekannten Gemälde von Aldegrever ihm wirklich zugeschrieben werden können.
„Als Maler hat er keine besondere Bedeutung, und es lassen sich auch fast nur Porträts von ihm nachweisen, so das des Grafen Philipp von Waldeck von 1535 im Besitze des schlesischen Kunstvereins zu Breslau, das der Magdalena Wittig von 1541 im Museum zu Braunschweig, dann des Engelb. Therlaen, Bürgermeisters von Lennep, von 1551 und eines jungen Ritters von 1544 in der Galerie Lichtenstein zu Wien. Als ächtes Bild wird noch genannt ein Christus auf dem Grabe sitzend, von 1529 in der ständischen Galerie zu Prag. Was man ihm aber sonst von historischen Vorwürfen zugeschrieben hat, beruht auf bloßen Vermuthungen, wie die Bilder in Berlin, Wien und München, deren Benennung vor strengerer Kritik nicht zu halten sein dürfte. Gewöhnlich läßt man ihn auch Bilder malen, die nach Kupferstichen von seiner Erfindung ausgeführt sind, so zwei kleine in der Münchener Pinakothek; es ist aber kaum glaublich, daß er sich in dieser Beziehung sollte wiederholt haben: jedenfalls die Münchener Bildchen sind zu stumpf, um von ihm selbst gemalt worden zu sein. Seine bedeutende Thätigkeit für den Kupferstich erklärt es, warum so wenig Gemälde von ihm nachweisbar sind.“
(Schmidt, Wilhelm, „Aldegrever, Heinrich“ in: Allgemeine Deutsche Biographie 1, 1875, S. 325-326)
„Auf Grund seines künstlerischen Ansehens rief ihn, obwohl er in Soest zu den eifrigsten Anhängern des lutherischen Bekenntnisses gehörte, der Bischof von Münster, Franz von Waldeck, um die Porträtstiche der besiegten Sektiererführer Jan van Leyden und Bernhard Knipperdollink fertigen zu lassen. A. selbst hatte keinerlei Beziehungen zur Wiedertäuferbewegung. 1540 porträtierte er seinen Landesherrn Herzog Wilhelm III. von Cleve, Jülich und Berg in einem Stich. Durch die neueste Forschung ist erwiesen, daß kein einziges der A. früher zugeschriebenen Gemälde mit der möglichen Ausnahme eines kleinformatigen Mädchenaktes wirklich von ihm stammt.“
(Muchall-Viebroock, Thomas, „Aldegrever, Heinrich“ in: Neue Deutsche Biographie 1, 1953, S. 187-188)
Insofern gestaltet sich jeder Vergleich mit einem angeblichen Aldegrever-Gemälde als schwierig. Das einzige Aldegrever zugeschriebene Gemälde, welches in der Artprice-Datenbank registriert ist, wurde bei Hampel Kunstauktionen in München am 05.07.2017 versteigert (Lot 404 – Portrait des Heiligen Josef). Die Zuschreibung hier erfolgte alleinig aufgrund eines Monogramms und kann ebenso nicht als gesichert angenommen werden.
Muchall-Viebroock´s Behauptung, dass Aldegrever in keinerlei Beziehungen zu den Wiedertäufern gestanden haben soll, darf insofern widersprochen werden, als dass sich Aldgrever durchaus intensiv mit der Person van Leidens beschäftigt haben muss. Neben dem von Bischof Franz von Waldeck in Auftrag gegebenen Stich, fertigte er auch andere Stiche von van Leiden an.
Die Tatsache, dass sich Aldegrever in seinem künstlerischen Schaffen sehr intensiv mit Jan van Leiden auseinandergesetzt, vor allem aber der direkte regionale Bezug von Künstler, dargestellter Person sowie der Provenienz des Gemäldes, lässt den Schluss zu, dass das vorliegende Portrait von der Hand Aldegrevers stammen könnte. Jan van Leiden war in Münster, Aldgrever lebte in Soest und das Portrait stammt aus altem Besitz einer der Region sehr verbundenen Fabrikantenfamilie aus Oelde. Auch die alte Zuschreibung auf der Rückseite ist ein weiteres Indiz.
Für eine endgültige Zuschreibung an die Hand Aldgerevers sind weitere Nachforschungen unerlässlich. Auch wäre die Identifizierung des Siegelrestes ein weiterer Ansatzpunkt für neue Erkenntnisse bzgl. einer früheren Provenienz, durch die möglicherweise eine Zuschreibung gesichert vorgenommen werden könnte. Malqualität des Portraits und eben die Tatsache, dass sich ein adliges Siegel dieser Zeit auf der Rückseite der Platte befindet, belegen zweifellos die historische Bedeutung des Bildes.
Holzplatte/Leinwand: 20,5 x 16,5 cm
Rahmen: 35,5 x 30 cm x 6 cm
Aus der alten Sammlung einer bedeutenden Fabrikantenfamilie aus Oelde.
Optisch befindet sich das Gemälde in einem guten Zustand mit üblichen Alters- und Gebrauchsspuren. Gesicht und Kopfbedeckung scheinen weitgehend unberührt und original. Der Hintergrund ist vollständig alt übermalt und im unteren Bereich teilweise überarbeitet. Leinwand mit kleineren Luftbläschen.
Verzierter Goldrahmen 19. Jahrhunderts. Gold an den Kanten mit kleineren Abplatzungen und Fehlstellen.
Schmidt, Wilhelm, „Aldegrever, Heinrich“ in: ADB 1, 1875, S. 325-326; Muchall-Viebroock, Thomas, „Aldegrever, Heinrich“ in: NDB 1, 1953, S. 187-188; Friedrich Müller, Die Künstler aller Zeiten und Völker, 1857; Bartsch; Hollstein; Artprice.com.
Hiermit wird die einwandfreie Herkunft des vorliegenden Gemäldes bestätigt. Es ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter.
Heinrich Aldegrever (1502-1562)
Soest, wohl zwischen 1530 und 1540
Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.
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