Handschrift mit Miniatur aus einer Pariser Perlbibel
Mose in der Wüste
Frankreich, Paris, wohl Atelier Du Prat, 1250-1275
Prachtvoll illuminiertes Handschriftenblatt einer sogenannten „Perlbibel“, auch „Pocketbible“ genannt, auf Jungfernpergament.
Umfangreiche Handschriften vor 1200 sind weltweit so gut wie nicht mehr zu finden. Zu gering war bis zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung und Verbreitung des geschriebenen Wortes.
Das frühe 13. Jahrhundert brachte viele Veränderungen für das mittelalterliche Europa. So entstanden in dieser Zeit viele gotische Kathedralen (z.B. in Chartres, Rheims und Canterbury) und somit klerikale Großzentren.
Eine Konsequenz dessen war die Gründung von Orden wandernder Prediger (Franziskaner, 1209 oder Dominikaner, 1220). Diese zogen von Ort zu Ort, lasen und predigten die Bibel und verbreiteten so die Lehre des Klerus.
In dieser Zeit entstanden ebenso viele Universitäten und das „Wissen“ zog in die Städte ein und war nun nicht mehr nur auf Klöster begrenzt. Somit gewannen auch die Handschriften bzw. handgeschriebenen Bücher an Bedeutung und die Verbreitung dieser begann.
Die vorliegende Handschrift ist ein wohlerhaltenes Beispiel einer so genannten „Perlbibel“, einer kompletten und kompakten Bibelhandschrift, welche man aufgrund ihres handlichen Formates auf Reisen in der Tasche mit sich führen konnte.
Paris galt als Ausgangspunkt derartiger „Reisebibeln“. Die Bibeln wurden hier professionell und in großer Zahl von professionellen Schreibern und Illuminatoren hergestellt, oft in arbeitsteiligen Verfahren, was die sichere Zuweisung an einzelne Ateliers meist erschwert.
Die Pariser Perlbibeln sind das erste Beispiel für die Massenproduktion lateinischer Bücher und bilden eine Epoche der Buchgeschichte, die durchaus in ihrer Bedeutung mit der der Erfindung des Buchdruckes durch Gutenberg verglichen werden kann. Gerade die Bettelorden und die Studenten benötigten Handschriften und verfügten weder über die Zeit und Muße noch die Infrastruktur eines monastischen Skriptoriums. Daher entstand schnell ein Markt für neue und gebrauchte Handschriften.
Die Pariser Perlbibeln waren ein Markenzeichen, denn hier konnten sich die Käufer darauf verlassen, dass der Text vollständig und den Normen entsprechend enthalten war. Ihr spezifisches Erscheinungsbild mit dünnem Pergament, kleinem Format und ihr charakteristisches Layout wurden später in England (Cambridge, Oxford) wie Italien (Bologna) nachgeahmt und fand auch bei der Entstehung des Buchdruckes Berücksichtigung.
Im Zuge des 13. Jahrhunderts wurde ihr Format immer stärker verringert, so dass schließlich mit den so genannten „Taschenbibeln“ um die Mitte des 13. Jahrhunderts die optimale Form erreicht wurde. Bemerkenswert ist das hauchdünne Pergament, welches hier Verwendung fand und meist von ungeborenen oder neugeborenen Lämmchen stammte, also ein äußerst kostbares Material.
Zweispaltige, filigrane gotische Perlschrift in 47 bzw. 48 Zeilen, geschrieben in brauner Tinte in lateinischer Sprache. Vorderseitig in der rechten Spalte oben mit „L“-Initiale in Form einer Miniatur-Darstellung des Mose in der Wüste aus dem 4. Buch Numeri. Auf blauem Grund steht die Figur Mose, seinen Blick gen Sonne gerichtet. An die Miniatur schließt sich links eine ornamentale Stableiste in Blau, Mauve und Grün an, die auch bis in den oberen Blattrand hineinreicht. Verso findet sich ebenso rechtsspaltig eine große „L“-Initiale mit auf der ganzen Spalte des Schriftspiegels auslaufendem Federwerk in Rot und Blau und sind typisch für die Initialmalerei der Gotik. Im oberen Blattrand jeweils Kapitelnummerierungen in Rot und Blau.
Blatt: 16,5 x 12,8 cm
Schriftspiegel: 15,5 x 9,5 cm
Sehr gute Erhaltung für das hohe Alter von 750 Jahren. Gleichmäßig pergamentbedingt leicht gebräunt. Einige nur nadelstichgroße Wurmlöchlein im Textbereich. Die Miniatur ist hiervon nicht betroffen.
Im oberen Blattrand etwas knapp beschnitten, jedoch ohne die Kapitelnummerierung zu tangieren.
Hiermit wird die einwandfreie Herkunft des vorliegenden Blattes bestätigt. Dieses ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter.
Frankreich, Paris
wohl Atelier Du Prat, um 1250
Diese hier vorliegende Druckausgabe der „Rationale“ von Durandus ist von höchster Bedeutung für die Geschichte der Typographie und gilt als das dritte datierte und vierte überhaupt gedruckte Buch. Vorausgegangen waren lediglich die um 1455 gedruckte Gutenbergbibel sowie die ebenfalls in der Offizin von Fust und Schöffer entstandenen Psalter vom 14. August 1457 und vom 29. August 1459. Eigens für diesen Druck schuf Peter Schöffer die sogenannte „Durandus-Type“, eine Gotico-Antiqua, die Elemente der Rotunda mit den Stilmerkmalen der italienischen Humanistenhandschriften verbindet.