DAS GRÖSSTE BUCHPROJEKT DER INKUNABELZEIT

Liber Chronicarum – Die Schedelsche Weltchronik

AUTOR

Hartmann Schedel  (1440-1514)

TITEL

Liber chronicarum.

DRUCKER

Anton Koberger, Nürnberg, 12. Juli 1493

Im Auftrag von Sebald Schreyer und Sebastian Kammermeister.

BEDEUTUNG

Die Schedelsche Weltchronik ist das „größte Buchunternehmen der Zeit“ (vgl. Rücker) und wohl die am reichsten illustrierte Inkunabel überhaupt. Die künstlerisch hochrangigen Holzschnitte stammen von dem deutschen Maler und Holzschneider Wilhelm Pleydenwurff und dessen Schwiegervater Michael Wohlgemuth, in dessen Nürnberger Werkstatt auch Albrecht Dürer lernte. Der bis heute anhaltende Ruhm der Weltchronik beruht hauptsächlich auf dieser opulenten künstlerischen Ausstattung, bei der Wort und Bild sich einzigartig ergänzen und eine wohlbedachte, ausgewogene Einheit bilden. Unter den prachtvollen Abbildungen sind die zahlreichen Städteansichten von besonderem Interesse, da sich hier, neben bloßen Phantasieansichten, die ersten authentischen Ansichten deutscher Städte finden, darunter Augsburg, Bamberg, Breslau, Köln, Konstanz, Lübeck, München, Nürnberg, Passau, Prag, Regensburg, Salzburg, Ulm, Wien, Würzburg u. a. Besonders erwähnenswert sind die doppelblattgroße Holzschnitt-Weltkarte nach Pomponius Mela zu Beginn und die doppelblattgroße Deutschlandkarte von Hieronymus Münzer am Ende.

Über die Auflagenhöhe wurde und wird häufig spekuliert. Man nimmt heute an, dass von der lateinischen Ausgabe ca. 1.500, von der deutschen Ausgabe ca. 700 Exemplare gedruckt wurden. Der Druck der Weltchronik, der immense Kosten verschlang, wurde jedoch kein kaufmännischer Erfolg, denn 1509 waren noch 571 Exemplare am Lager.

Zum Autor: Hartmann Schedel wurde bereits 1456, im Alter von 16 Jahren, an der Universität Leipzig immatrikuliert, absolvierte den Magister in den Freien Künsten und besuchte Vorlesungen in den Rechtswissenschaften und Kanonischem Recht. 1461 schloss er sich dem humanistischen Kreis um Peter Luder an und folgte diesem Ende 1463 nach Padua. An der Universität Padua studierte er neben Medizin auch Anatomie und Chirurgie und promovierte 1466. Parallel zur Medizin hatte er auch Vorlesungen in Physik und Griechisch besucht und damit, als einer der ersten Deutschen überhaupt, Zugang zur griechischen Sprache erhalten. In den Jahren von 1470 bis 1477 ließ er sich als Stadtarzt in Nördlingen nieder, trat der Bruderschaft der „Kartäuser im Christgarten“ bei und heiratete 1475 die Nürnbergerin Anna Heugel (†1485). Sein weiterer Berufsweg führte ihn über Amberg 1482 nach Nürnberg zurück, wo er 1487, in zweiter Ehe, Magdalena Haller (†1505) heiratete. Von den zwölf Kindern aus beiden Ehen starben sechs bereits in jungen Jahren. Bis zu seinem Tod war Hartmann Schedel ein geachteter Nürnberger Bürger und führte eine gut gehende Praxis. Mit seinen ärztlichen Kollegen bildete er einen einflussreichen medizinisch und humanistisch ambitionierten Gelehrtenkreis. Sein Ruf wurde aber weder durch seinen Beruf noch durch seine soziale Stellung begründet, sondern durch sein literarisches Hauptwerk, die „Weltchronik“.

AUSSTATTUNG

Einspaltige gotische Type. Zeilenanzahl variierend bis zu 67 Zeilen. Vollständig in Rot rubriziert. Einige für Koberger typische handgemalte Federwerksinitialen in Rot und Blau sowie Tausenden gedruckten Lombarden. Zwei doppelblattgroße kolorierte Holzschnittkarten. Mehr als 1.800 prachtvoll kolorierte Holzschnitte von Michael Wohlgemuth und Wilhelm Pleydenwurff, darunter 29 doppelblattgroße Stadtansichten. Einige Holzschnitte von einer anderen Hand koloriert, darunter die Deutschlandkarte und die drei Stadtansichten von Augsburg, Nürnberg und Konstanz.
Abmessungen Blatt: 43,5 x 29 cm; Satzspiegel: 36,5 x 23 cm.

KOLLATION

1 nicht num. Titelblatt, 19 nicht num. Blatt Register = 20 Blatt. 300 num. Blatt sowie 5 nicht num. Blatt De Sarmacia = 305 Blatt. Zusammen 325 (von 328) Blatt. Im Text und Bild vollständiges Exemplar, es fehlen lediglich die letzten drei leeren Blätter.

Lagenformel: *-**6; *8; a6; b-d4; e-h6; i2; k4; l-n6; o2; p-q6; r-y4; z6; aa-cc6; dd2; ee6; ff4; gg-ii6; kk2; ll4; mm-zz6; A-K6; L4; M6.

EINBAND

Blindgeprägter Kalbsledereinband über massiven Holzdeckeln um 1550. Rollenstempelbordüren und Streicheisenlinien. Acht Eckbeschläge, sowie zwei intakte, spätere Schließen im Stil der Zeit. Sechs echte Bünde. Sehr guter Zustand. Einband und Buchblock sorgfältig restauriert und neu aufgebunden, Rücken erneuert. Alte Lederfehlstellen wurden unterlegt. Das alte Deckelleder bekratzt und berieben und partiell rissig.
Großfolio 45 x 31 x 9 cm.

ZUSTAND

Guter, größtenteils sehr guter, sauberer und ordentlicher Zustand. Kräftiger Druck, festes Bütten. Breitrandiges Exemplar. Vereinzelt einige wenige Blatt mit Flecken im Rand und/oder im Text. Im Allgemeinen aber sehr sauberes Exemplar. Sehr schönes Kolorit im typischen Stil der Koberger-Werkstatt, einige wenige im abweichenden Stil wohl von einer anderen Hand. Totentanzholzschnitt in Blau koloriert und mit alten chemischen Reaktionen und Durchschlag auf der Rückseite. Einige wenige zeitgenössische handschriftliche Marginalien. Mängel: Titelblatt stärker fingerfleckig und restauriertem Einriss im unteren Rand. Blatt XXX, CXLII, CLXXX, CCX, CCXXI, CCXLI und CCLVII mit größerem restauriertem Randeinriss. Blatt CCXXII mit kleiner alt restaurierter Fehlstelle im Text. Blatt CLXII und CCLXII mit restauriertem Eckabriss oben. Blatt CLIX mit größerem Braunfleck. Letzte 20 Blatt mit wenigen Wurmlöchern im unteren Rand. Deutschlandkarte mit restaurierten Randläsuren sowie mit geschlossenem Randeinriss.

REFERENZEN

ISTC is00307000; GW M40784; Goff S-307; HC 14508; BMC II 437 (IC 7451); Hain 14510; Goff S-309; BMC II, 437; Polain 3471; Schramm XVIII, S.9.; Muther 424; Rücker S.143.

PROVENIENZ
  • Zisterzienserabtei Eberbach, Eltville im Rheingau – handschriftlicher Besitzereintrag auf Blatt 2, um 1600.
  • Mehrere handschriftliche Besitzereinträge auf dem Titelblatt, wohl Mainz, datiert 1634.
  • Joh(ann) Christoph Friedrich Roscher – dessen handschriftlicher Besitzeintrag Vorderspiegel, datiert 1760.
  • Lud(wig) Heinr(ich) Donner – Namenseintrag auf dem Vorderspiegel, wohl 19. Jhd.
KULTURGUT SICHER ERWERBEN

Hiermit bestätigen wir Originalität sowie einwandfreie Herkunft der vorliegenden Inkunabel. Das Objekt ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter und wurde mit dem LostArt-Register abgeglichen. Für die Lieferung außerhalb der EU ist eine Ausfuhrgenehmigung der Kulturbehörden erforderlich.

Preis
95.000 €
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Tilo Hofmann
Artikelnummer
G016
Koloriertes Exemplar der berühmten Schedelschen Weltchronik

Die Schedelsche Weltchronik ist das „größte Buchunternehmen der Zeit“ (vgl. Rücker) und wohl die am reichsten illustrierte Inkunabel überhaupt. Die künstlerisch hochrangigen Holzschnitte stammen von dem deutschen Maler und Holzschneider Wilhelm Pleydenwurff und dessen Schwiegervater Michael Wohlgemuth, in dessen Nürnberger Werkstatt auch Albrecht Dürer lernte. Der bis heute anhaltende Ruhm der Weltchronik beruht hauptsächlich auf dieser opulenten künstlerischen Ausstattung, bei der Wort und Bild sich einzigartig ergänzen und eine wohlbedachte, ausgewogene Einheit bilden. Unter den prachtvollen Abbildungen sind die zahlreichen Städteansichten von besonderem Interesse, da sich hier, neben bloßen Phantasieansichten, die ersten authentischen Ansichten deutscher Städte finden, darunter Augsburg, Bamberg, Breslau, Köln, Konstanz, Lübeck, München, Nürnberg, Passau, Prag, Regensburg, Salzburg, Ulm, Wien, Würzburg u. a. Besonders erwähnenswert sind die doppelblattgroße Holzschnitt-Weltkarte nach Pomponius Mela zu Beginn und die doppelblattgroße Deutschlandkarte von Hieronymus Münzer am Ende.

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Highlight

Wahrlich ein unglaublicher Schatz!

Das Vierte gedruckte Buch:
Schöffers Durandus von 1459

Diese hier vorliegende Druckausgabe der „Rationale“ von Durandus ist von höchster Bedeutung für die Geschichte der Typographie und gilt als das dritte datierte und vierte überhaupt gedruckte Buch. Vorausgegangen waren lediglich die um 1455 gedruckte Gutenbergbibel sowie die ebenfalls in der Offizin von Fust und Schöffer entstandenen Psalter vom 14. August 1457 und vom 29. August 1459. Eigens für diesen Druck schuf Peter Schöffer die sogenannte „Durandus-Type“, eine Gotico-Antiqua, die Elemente der Rotunda mit den Stilmerkmalen der italienischen Humanistenhandschriften verbindet.

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