Rainerius de Pisis (1281-1351)
Pantheologia, sive Summa universae theologiae. Mit Widmungsbrief an Kardinal Branda Castiglione. Editiert und herausgegeben von Jacobus Florentinus. Zwei Teile in zwei Bänden.
Günther Zainer, Augsburg, 1474
Zweite Ausgabe der ältesten theologischen Enzyklopädie. Die Erstausgabe erschien ein Jahr vorher bei Johann Sensenschmidt und Heinrich Kefer in Nürnberg am 8. April 1473. Die unter dem Namen Rainerius von Pisis geführte Pantheologie ist eine Kompilation des gesamten theologischen Wissens der Zeit in lexikalischer Form. Der erste Band enthält die Buchstaben A-M und er zweite L-Z, in diesem Exemplar jeweils mit prächtigem Buchschmuck illustriert.
Günther Zainer gilt als erster Augsburger Drucker. Er wirkte von 1468 bis zu seinem Tode im Jahr 1478. Aus seiner Offizin stammen ca. 80 Drucke. Er stammte aus Reutlingen. 1463 ist seine Heirat mit Agnes Krieg im Bürgerbuch der Stadt Straßburg verzeichnet, wo er auch als Straßburger Bürger Mitglied der Maler- und Goldschmiedezunft war. Das Drucken lernte er dort vermutlich bei Johannes Mentelin. 1468 erschien „Bonaventurae meditationes vite domini“ als erster nachgewiesener Druck aus Zainers Presse. Zainers Drucke gelten, was das Papier, die Ausführung des Druckes und die verwendete Type angeht, als von besonders hoher Qualität. Zainer entwickelte nach dem Vorbild mittelalterlicher Handschriften Blumenranken für den Rand des Satzspiegels, die als Vorläufer der gedruckten Randleiste gelten. Das hier vorliegende Werk schmückte er mit 182 großen gedruckten Initialen, die von ihm nach dem Vorbild der Buchmalerei gestaltet wurden.
Zweispaltige, gotische Type mit 60 Zeilen. 9 große, zeitgenössisch illuminierte Initialen einer deutschen Hand in Grün, Blau, Orange, Gelb und Rot (im zweiten Band). Ca. 180 große, gedruckte, meist altkolorierte Initialen in Holzschnitt, im typischen Zainer-Stil. Weit über Tausend handgemalte Lombarden in Rot. Durchgängig in Tot rubriziert.
Besonders interessant sind die für Zainerdrucke typischen Holzschnittinitialen, welche hier alphabetisch sortiert besonders gut und vollständig präsentiert werden. Dieses Exemplar verdeutlicht anschaulich die Probleme, mit denen sich die Druckpioniere in der Frühphase des Buchdruckes beschäftigen mussten und stellt somit ein einmaliges Zeitzeugnis des frühen Buchdruckes dar. Das erste drucktechnische Kuriosum findet man in Band I auf Blatt 371 verso. Dort ist die Spalte a leer, welche dafür in der Mitte mit dem gedruckten Vermerk „Nullus Defectus“ gekennzeichnet ist. Auch hatte Zainer beim Druck offensichtlich einige Holzschnittinitialen vergessen, welche in diesem Exemplar leer blieben.
In diesen beiden Inkunabelbänden sind sämtliche Varianten der Initialgestaltung der Spätgotik vereint: Handschriftliche Initialmalerei mit farbigen Federwerksinitialen, gedruckte Holzschnittinitialen, klassische handschriftliche Lombarden, gedruckte Lombarden sowie jungfräuliche (leere) Initialspatien.
Satzspiegel: 28,5 x 18,5 cm; Abmessungen Blatt: 39,5 x 28,0 cm.
510 nicht num. Blatt; 484 nicht num. Blatt. Zusammen 994 Blatt. Vollständig, inkl. der fünf weißen Blatt.
Lagenformel: Bd I a–zA–Y10; Zaa8; bb6; cc10; dd8; ee7; ff12; Bd. II a–zA–X10; Y8; Zaa10; bbcc8.
Zwei voluminöse, originale, spätgotische, süddeutsche Meister-Einbände. Band I aus der Werkstatt von Hans Stumpf aus Nördlingen (Kyriss 55). Blindgeprägtes Schweinsleder über massiven Holzdeckeln. Diagonal verlaufende Streicheisenlinien. In den Feldern jeweils Stempel Heiliges Lamm und Jesus. Rücken und Vorderdeckel mit alten, klösterlichen Titelschildern. Band II wohl aus Amberger oder Nürnberger Werkstatt [Schwenke-Sammlung 2 Adler 37, 52]. Reich blindgeprägtes Kalbsleder über massiven Holzdeckeln. Rechteckig und diagonal verlaufende Linien. In den Feldern etliche Drachen- Blumen-, Blüten- und Rautestempel. Schließen und Beschläge entfernt. Gebunden auf vier echten Bünden. Band I gute, originale Erhaltung. Deckel berieben und bekratzt und stärker wurmstichig. Band II in sehr guter Erhaltung. Rücken und Gelenke alt restauriert. Deckel leicht berieben und wurmstichig. Buchblöcke und Bindungen fest und stabil. Buchblöcke verlaufen bis zur vorderen Deckelkante.
Großfolio: 40,5 x 30 x 12,5 cm sowie 42 x 30 x 13 cm.
Ausgezeichnete, originale Erhaltung. Kräftiger, haptisch fühlbarer Druck auf äußerst festem Bütten. Ungewöhnlich breitrandiges und sauberes, nahezu druckfrisch wirkendes Exemplar. Einige wenige Blatt materialbedingt etwas knittrig. Randflächen und Satzspiegel sauber. Buchmalerei in sehr guter Qualität phantastisch erhalten. Ausgehend von den Spiegeln jeweils erste zehn sowie letzte 20 Blatt mit mehr oder weniger starken Wurmlöchern. Blatt 332-338 in Band II mit Braunflecken im Seitenrand. Einige wenige, zeitgenössische, handschriftliche Kommentare in den breiten Rändern. Keine Beschädigungen, Einrisse, Ausrisse oder Fehlstellen.
Bibliographie: ISTC ir00006000; GW 36921; BSB-Ink R-2; IBP 4659; IDL 3864; IGI 8268; Hain 13016; Goff R-6; Proctor 1543; Sheehan R-3. BMC II, 321.
Bibliotheken: Weltweit vollständig in 60 Bibliotheken vorhanden.
Kloster Altomünster – Auf den vorderen Spiegeln handschriftliche Besitzereinträge „Monasterium Althomünster“ mit den Datierungen „1543“ und „1570“.
Hiermit bestätigen wir Originalität sowie einwandfreie Herkunft der vorliegenden Inkunabel. Das Objekt ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter und wurde mit dem Lost-Art-Register abgeglichen. Für die Lieferung außerhalb der EU ist eine Ausfuhrgenehmigung der Kulturbehörden erforderlich. Diese wird von uns nach Eingang des Kaufpreises beantragt und dauert ca. 14 Tage. Für die Verbringung in EU-Länder ist aufgrund der festgelegten Wertegrenzen keine Ausfuhrgenehmigung erforderlich.
Die Pantheologia von Rainerius de Pisis
Vollständiges und original wohlerhaltenes Exemplar eines Frühdruckes aus der Augsburger Offizin von Günther Zainer ohne Fehlstellen und Defekte. Besonders hervorzuheben sind die prachtvollen, zeitgenössischen Buchmalereien, welche in dieser Form nur sehr selten erhalten geblieben sind. Die beiden wuchtigen und äußerst attraktiven gotischen Meistereinbände und die Provenienz des Klosters Altomünster runden die hohe Qualität dieses Exemplars auf eindrucksvolle Weise ab.
Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.
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