Papst Bonifaz VIII. (um 1235 – 1303) & Papst Clemens V. (um 1260 – 1314)
Teil I: Liber sextus Decretalium. Johannes Andreae: Super arboribus consanguinitatis et affinitatis.
Teil II: Constitutiones. Decretales extravagantes communes selectae.
Mit der Glosse, der Summaria, den Divisiones des Johannes Andreae und des Dominicus de Sancto Geminiano sowie den Additiones des Hieronymus Clarius.
Baptista de Tortis, Venedig, 2. und 9. Mai 1496.
Sehr seltene, vollständig in Rot und Schwarz gedruckte Inkunabel-Ausgabe dieser bedeutenden kirchenrechtlichen Sammlungen und zugleich eine der Hauptquellen für die Entwicklung des kanonischen Rechts. Der 1298 entstandene Liber Sextus der Dekretalien war der dritte Teil des Corpus Iuris Canonici, einer mittelalterlichen Sammlung römisch-katholischen Kirchenrechts. Angesichts des Nebeneinanders älterer kanonischer Sammlungen bestand Unsicherheit hinsichtlich der Gültigkeit insbesondere der jüngeren Texte und des Umgangs mit Widersprüchen zwischen allen diesen Rechtsquellen. Papst Bonifatius VIII. beauftragte daher im Jahr 1296 Wilhelm de Mandagoto, Bischof Béranger Frédol den Älteren und Richard Petronius von Siena mit der Zusammenstellung einer neuen Dekretalensammlung. Die Kommission sichtete den Bestand der seit 1234 verfassten Dekretalen, wählte einen Teil davon aus und überarbeitete diesen durch Kürzungen und weitgehende inhaltliche Eingriffe und entwickelte hieraus neue gültige Rechtsnormen. Die maßgebliche Kommentierung stammt von Johannes Andreae – sein Kommentar diente als Glossa ordinaria.
Der außergewöhnlich wohlerhaltene Druck präsentiert sich in einem von Theodore Haag gefertigten Prachteinband, ganz im Stile der Grolier-Einbände. Besitzer des Buches war Carlos Blacker (1859-1928), einem engen Freund von Oscar Wilde.
Über die Autoren:
Bonifatius VIII., bürgerlich Benedetto Caetani (um 1235 – 1303) war Papst von 1294 bis 1303.
Clemens V., bürgerlich Bertrand de Got (zwischen 1250 und 1265 bis 1314), war von 1305 bis 1314 Papst der katholischen Kirche. 1309 verlegte er die päpstliche Residenz nach Avignon.
Johannes Andreae, oder auch Giovanni d’ Andrea bzw. Johannes Andreae de S. Hieronymo (um 1270 – 1348) war bedeutender italienischer Rechtsgelehrter und Kanonist sowie Verfasser wichtiger Lehrschriften von Bedeutung für die europäische Rechtsgeschichte wie auch für das katholische Kirchenrecht.
Gotische Type in zwei Spalten in 71 bis zu 82 Zeilen. Aufwändiger Schwarz-/Rotdruck. Text umseitig von Kommentaren umgeben (Interlinearglossen). Druckermarke am Ende in Rotdruck (siehe Husung 232 oder 233). Zahlreiche mit Hand eingemalte Initialen in Blau und Rot.
Abmessungen Blatt: 42,5 x 27,5 cm; Satzspiegel: 35 x 22 cm.
104 nummerierte Blatt und 58 nummerierte Blatt, das letzte weiß. Vollständig.
Lagenpaginierung: a-n8; A-E8; F-H6.
Hervorragende Kopie eines prachtvollen Grolier-Einbandes, gefertigt von Theodore Haag, um 1890. Geprägtes und bemaltes Leder auf massiven Holzdeckeln. Mehrfarbige Intarsien und reiche Vergoldung auf Deckeln und Rücken. Acht massive silberne Eckbeschläge und zwei silberne Wappen (Papst Leo X.) als Mittelstücke auf den Deckeln. Eine intakte, breite und massive Silberschließe. Prachtvolle, dreiseitige florale Schnittbemalung in Rot, Blau und Gold. Fünf echte Bünde. Sehr guter Zustand und äußerst dekorativ. Buchblock und Bindung fest und stabil. Ecken, Kanten und Gelenke partiell fachmännisch und kaum sichtbar restauriert.
Großfolio: 43,3 x 29,5 cm x 7 cm.
Exzellente Erhaltung. Kräftiger Druck auf festem Bütten. Breitrandiges und original erhaltenes und außergewöhnlich sauberes Exemplar. Keine Risse, Fehlstellen oder Defekte.
Aus dem Besitz von Carlos Blacker (1859-1928), einem engen Freund von Oscar Wilde. Siehe Carlos Blacker Sammlung, Katalog 1897, Nr.91. Sehr wahrscheinlich beauftragte Blacker Theodore Haag (1823-1891) persönlich mit der Anfertigung des vorliegenden Einbandes.
Literatur: ISTC ib01009000; GKW 4895; Hain 3621, Polain 4238, 2758; IGI 1986; BMC V, 329; Goff B 1009; BMC V 329; Madsen 834; Ohly-Sack 678.
Bibliotheken: Weltweit nur in 19 Bibliotheken vollständige Exemplare vorhanden: London, British Library; Antwerpen, R.van Lennep; Frankfurt(Main) UB; Kempten StArch; München UB; Überlingen Leopold-SophienB; Cremona Sem (II); Foligno C; Padova Sem; Parma Pal; Poppi C; San Candido Coll; Nijmegen UB (II); Graz, UB; Berkeley CA, Univ. of California, Law Library; San Marino CA, The Huntington Library; Copenhagen RL; Moscow SL; St Petersburg NL.
Hiermit bestätigen wir Originalität sowie einwandfreie Herkunft der vorliegenden Inkunabel. Das Objekt ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter und wurde mit dem Lost-Art-Register abgeglichen. Für die Lieferung außerhalb der EU ist eine Ausfuhrgenehmigung der Kulturbehörden erforderlich. Diese wird von uns nach Eingang des Kaufpreises beantragt und dauert ca. 14 Tage. Für die Verbringung in EU-Länder ist aufgrund der festgelegten Wertegrenzen keine Ausfuhrgenehmigung erforderlich.
Papst Bonifaz VIII. & Papst Clemens V.
Liber sextus Decretalium & Constitutiones.
Baptista de Tortis, Venedig, 2. und 9. Mai 1496
Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.
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