AUS DEM BESITZ DER AMPLEFORTH ABBEY LIBRARY

De Bello Iudaico – Erstdruck von Lucas Brandis

AUTOR

Josephus Flavius

TITEL

De antiquitate Judaica.
(Übersetzt auf Veranlassung von Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus)

De bello Judaico
(Judaicum – aus dem Griechischen übersetzt von Tyrannius Rufinus Aquileiensis)

DRUCKER

Lucas Brandis, Lübeck, 1475/76

BESCHREIBUNG

Frühe dritte Ausgabe der bedeutenden Schriften über den Jüdischen Krieg und die Jüdischen Altertümer und wahrscheinlich das erste Werk aus der Lübecker Offizin von Brandis. Es ist bis heute allerdings unklar, ob das am 05. August 1475 gedruckte „Rudimentum novitiorum“ oder das vorliegende Werk zuerst entstand.

Der in sieben Bücher gegliederte Jüdische Krieg (De bello Iudaico) gilt als das erste Werk von Josephus Flavius. Hier berichtet er nach einer ausführlichen Vorgeschichte von dessen Verlauf und Ergebnis, um die nationale Katastrophe dieses Krieges zu bewältigen und um dazu beizutragen, seine Wiederholung ein für alle Mal zu verhindern.

Nach dem „Jüdischen Krieg“ schrieb Josephus sein umfangreichstes Werk, die „Jüdischen Altertümer“ (Antiquitates Iudaicae). In ihnen stellte er, ganz im Stil der zeitgenössischen kaiserzeitlichen historischen Schriftsteller und geprägt von Motiven aus der stoischen Philosophie, anhand einer ausführlichen Nacherzählung der hebräischen Heiligen Schriften und zahlreicher weiterer Quellen in 20 Büchern dar, wie sich das Judentum im Verlauf seiner langen und bewegten Geschichte von der Erschaffung der Welt bis zum Ausbruch des Jüdischen Kriegs im Jahre 66 n. Chr. entwickelte, wie seine Gesetze und Sitten beschaffen sind und auf wen diese zurückgehen.

ILLUSTRATION

Zweispaltige gotische Type in 48 Zeilen. Rubriziert in Rot. Keine Blattnummerierung, keine Lagenbezeichnung. Die zwei Titelblätter (a1 und hh1) mit kunstvollem und einzigartigem Buchschmuck und außergewöhnlichem Satzspiegel, im Stile der mittelalterlichen Buchmalerei mittels Holzschnitten nachempfunden. Oben, rechts und unten prunkvolle Bordüren, Titel 1 links mit großer figürliche Holzschnittinitiale „J“ (23 cm) sowie bei beiden mittig Trennungsschmuckstab für die Spalten des Satzspiegels. Die rechte Spalte des 1. Titels beginnt mit einer großen Initiale „H“ (9,5 x 7,5 cm), welche Josephus Flavius beim Schreiben eines Buches zeigt. Rechts neben der Initiale verläuft von oben nach unten (H)“ISTORIAM“. Von diesen großen Holzschnittinitialen befinden sich ca. 20 weitere als Kapitelanfang im Werk. In den Initialen eines Schreibers am Schreibtisch, Kampfszenen bzw. die Wappen von Lübeck. Andere Kapitel beginnen mit großen handgemalten Initialen in Rot. Blatt l1 mit 13-zeiliger handgemalter Prachtinitiale i Rot und Blau. Außergewöhnlich auch die großen Blattüberschriften mittels Holzschnitt. Dieses Verfahren war offensichtlich sehr aufwändig. Die ersten Bücher (LiberI-IV) hält Brandis fehlerfrei durch. Danach kommt es zu Verwechslungen und Fehlbezeichnungen. Ab Liber VII hat Brandis dann die Blattüberschriften bzw. Kapitelbezeichnungen weggelassen. Ab Liber VIII erfolgt dann die Blattüberschrift teilweise mittels der Type des normalen Satzspiegels, danach aber wieder mittels Holzschnitt. Dieser Wechsel zieht sich durch das gesamte Buch. Diese „Versuche“ sind eindrucksvolles Zeugnis der Entwicklungen des frühen Buchdruckes. Ferner finden sich hunderte Holzschnittinitialen sowie auch handgemalte Initialen in Rot. Durch diese Symbiose der beiden Technologien wird der Übergang von gemalten in gedruckte Initialen eindrucksvoll deutlich.
Blattgröße: 39,5 x 29 cm; Satzspiegel: 29 x 19 cm.

KOLLATION

De antiquitate Judaica gezählte 209 nicht num. Blatt: Bl.1-14 LiberI, Bl.15-27 LiberII, Bl.28-39 LiberIII, Bl.40-51 LiberIV, Bl.52-64 LiberV, Bl.65-80 LiberVI, Bl.81-97 LiberVII, Bl.98-115 LiberVIII, Bl.116-126 LiberIX, Bl.127-137 LiberX, Bl.138-149 LiberXI, Bl.150-164 LiberXII, Bl.165-180 LiberXIII, Bl.181-195 LiberXIV, Bl.196-209 LiberXV,
Bl.210-220 LiberXVI, Bl.221-237 LiberXVII, Bl.238-253 LiberXVIII, Bl.254-265 LiberXIX, Bl.266-273 LiberXX. Judaicum: 187 gezählte Blatt: Bl.274-303 LiberI, Bl.304-326 LiberII, Bl.327-340 LiberIII, Bl.341-349 LiberIV, Bl.350-358 LiberV, Bl.359-374 LiberVI, Bl.375-396 LiberVII. Somit 396 (von 397 Blatt), Es fehlt das weiße Blatt g8. Im Text vollständiges Exemplar!
Lagenzählung: a10; b-e10.8; f12-1; g8; h10; i12-1; k12; l-m10; n8; o-q10; r8; s6; t10; v-y8; z6; A-B10; C8; D-E10; F-G8; H-L10.8; M8; N10-1; O10; P8; Q-R10; S-X8.

EINBAND

Originaler blindgeprägter Kalbledereinband der Zeit über massiven Holzdeckeln. Ornamentale Stempelprägungen und Streicheisenlinien. Einband unter Verwendung der originalen Deckelbezüge restauriert, Rücken erneuert. Sechs echte Bünde. Schließen und Buckel alt entfernt. Goldgeprägte Titelschilder auf dem Rücken. Guter Zustand, Buchblock und Bindung fest und stabil. Deckel bestossen und berieben und mit kleinen Fehlstellen. Einige Wurmlöcher auf den Deckeln. Vorsatzblätter erneuert. Bei der Restaurierung im Kloster offenbar versehentlich verkehrt herum eingebunden. Groß-Folio: 41 x 30 x 11 cm.

ZUSTAND

Guter Erhaltungszustand mit einigen Alters- und Gebrauchsspuren. Festes Büttenpapier, kräftiger, fühlbarer Druck. Erstes Titelblatt mit Wurmlöchern und zwei Löchern und am rechten Rand mit Läsuren. Einige Blätter mit kleinen Schabknittern am äußeren rechten Rand (reversibel). Partiell fingerfleckig und in den äußeren Rändern stockfleckig. Obere Außenränder im Rand teilweise angestaubt (reversibel). Vorn und in der Mitte einige wenige Eintragungen und Kommentare mit Bleistift (reversibel). Circa zehn Blatt mit kleineren Randeinrissen. Ein Blatt mit oberen Eckabriss. Die letzten 20 Blatt zunehmend braunrandig. Die letzten sieben Blatt mit altrestaurierten Ausbrüchen am unteren Seitenrand. Letztes Blatt mit stärkeren Läsuren und Randschäden sowie einigen Wurmlöchern.

NACHWEIS

Literatur: ISTC ij00483000; GW M15150; Hain 9450; Pell-Pol 6713; BNCI J 308; BMC II, 550; Goff J 483 [1475–76]; IBP 3278 [1475–76]; CIH 1975; Schreiber 4402; Schramm X, 300, 302–320; Gerardy, Wasserzeichen S. 22 dat. 1473–1474.
Bibliotheken: ISTC listet Exemplare in 53 Bibliotheken weltweit.

PROVENIENZ

Wohl aus deutschem Erstbesitz (früher handschriftlicher lateinischer Besitzereintrag auf dem letzten Blatt.
Aus dem Besitz der Ampleforth Abbey Library (Exlibris, Bibliotheksstempel und im Text Prägestempel). Offensichtlich wurde die Inkunabel auch hier restauriert.

KULTURGUT SICHER ERWERBEN

Hiermit bestätigen wir Originalität sowie einwandfreie Herkunft der vorliegenden Inkunabel. Das Objekt ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter und wurde mit dem Lost-Art-Register abgeglichen. Für die Lieferung außerhalb der EU ist eine Ausfuhrgenehmigung der Kulturbehörden erforderlich. Diese wird von uns nach Eingang des Kaufpreises beantragt und dauert ca. 14 Tage. Für die Verbringung in EU-Länder ist aufgrund der festgelegten Wertegrenzen keine Ausfuhrgenehmigung erforderlich.

Preis
95.000 €
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Tilo Hofmann
Artikelnummer
M572
ZEUGNIS DER HERAUSFORDERUNGEN DES FRÜHEN BUCHDRUCKES IN EUROPA

Mit kunstvollem und einzigartigem Buchschmuck sowie außergewöhnlichem Satzspiegel, im Stile der mittelalterlichen Buchmalerei mittels Holzschnitten nachempfunden. Oben, rechts und unten prunkvolle Bordüren. Die rechte Spalte des 1. Titels beginnt mit einer großen Initiale „H“, welche Josephus Flavius beim Schreiben eines Buches zeigt. Rechts neben der Initiale verläuft von oben nach unten (H)“ISTORIAM“. Von diesen großen Holzschnittinitialen befinden sich ca. 20 weitere als Kapitelanfang im Werk. In den Initialen eines Schreibers am Schreibtisch, Kampfszenen bzw. die Wappen von Lübeck. Andere Kapitel beginnen mit großen handgemalten Initialen in Rot. Außergewöhnlich auch die großen Blattüberschriften mittels Holzschnitt. Dieses Verfahren war offensichtlich sehr aufwändig. Die ersten Bücher (LiberI-IV) hält Brandis fehlerfrei durch. Danach kommt es zu Verwechslungen und Fehlbezeichnungen. Ab Liber VII hat Brandis dann die Blattüberschriften bzw. Kapitelbezeichnungen weggelassen. Ab Liber VIII erfolgt dann die Blattüberschrift teilweise mittels der Type des normalen Satzspiegels, danach aber wieder mittels Holzschnitt. Dieser Wechsel zieht sich durch das gesamte Buch. Diese „Experimente“ sind eindrucksvolles Zeugnis der Entwicklungen des frühen Buchdruckes.

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Tilo Hofmann
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Highlight

Mittelalterliche Bibelhandschrift

Biblia Sacra, Paris, um 1250

Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.

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