AUS DEM BESITZ DES PREMIERMINISTERS VON KURFÜRST AUGUST VON SACHSEN

Böhmische Landesordnung, Prag, 1564

VERFASSER

Wolf von Wrzesowitz,

Herr auf Töplitz und Graupen und oberster Landschreiber in Böhmen. Von 1550 bis 1557 war er Kaiserlicher Kammer-Präsident in Böhmen.

TITEL

Böhmische Landesordnung. Handschrift.

ENTSTEHUNG

Prager Burg, 22. August 1564

Das Vorwort ist unterschrieben mit: „Präger Schloß. Sonnabent nach Maria Himelfahrt. Anno im Vierundsechtzigsten. Wolff von Wrzeßowitz, öbrister Landschreyber im Königreich Behemen“.
Maria Himmelfahrt fiel in diesem Jahr auf einen Samstag, sodass die Handschrift auf den 22. August 1564 datiert werden kann.

BEDEUTUNG UND HISTORISCHER HINTERGRUND

Bedeutende zeitgenössische Niederschrift der Vladislavschen Landesordnung aus dem Jahr 1564. Deutsche Handschrift auf Papier in brauner und roter Tinte. Einspaltige Kanzleihandschrift in 21 Zeilen. Regliert. Hochbedeutende und unikale Handschrift, verfasst vom obersten Landschreiber in Böhmen; aus dem Besitz von Hans von Bernstein (1525-1589), dem kurfürstlich-sächsischen Geheimrat (=Premierminister) von Kurfürst August von Sachsen (1526-1586).

Im Jahr 1500 kam es in Böhmen zur ersten gesetzlichen Zusammenfassung des gesamten Landrechtes. Diese Zusammenfassung mündete in die sogenannte „Vladislavsche Landesordnung“. Diese erste umfassende Landesordnung manifestierte die Übermacht der böhmischen Adelsstände gegenüber dem König. Die in den darauffolgenden Jahrzehnten erfolgten Revisionen dieser Landesordnung spiegeln die Veränderungen im dauernden Kräftespiel zwischen König und Adel wieder. Die im Jahr 1530 gedruckte Böhmische Landesordnung war noch ganz im Geiste der ersten Vladislavschen Landesordnung gehalten, die durch die seither gefassten Landtagsbeschlüsse ergänzt wurden. Die darauf folgende Landesordnung von 1549 wurde unter dem persönlichen Einfluss vom böhmischen König (und späteren Kaiser) Ferdinand I. nach der Niederwerfung des ständischen Aufstandes im Jahr 1547 beschlossen. Die vorliegende Landesordnung beginnt deshalb mit den Kapiteln über die Würde, Gewalt und die Gerichte des Königtums.

„Die noch zu Lebzeiten Ferdinands geschaffene, aber erst nach seinem Tode im Druck publizierte und seinem Nachfolger zugeeignete Landesordnung von 1564 ist den Ständen wieder günstiger. Dies ist schon äußerlich bemerkbar, da die Wahl und der Eid des Königs wieder an die Spitze gestellt werden.“ (Otto Peterka, Rechtsgeschichte der böhmischen Länder, Band 2, Seite 123).

Die Handschrift ist partiell im rechten Rand ergänzt und korrigiert, möglicherweise von der Hand des kurfürstlichen Geheimrates Hans Christoph von Bernstein.

AUSSTATTUNG

Einspaltige  Kanzleischrift in 21 Zeilen. Regliert.
Schriftspiegel: 22 x 9,5 cm; Abmessungen Blatt: 30,5 x 19,8 cm.

KOLLATION

5 Seiten Vorwort; 1.267 Seiten Landesordnung; 13 leere Seiten; 79 Seiten Register. Im Text vollständig. Vorderer leerer Vorsatz und wohl auch Titel alt entfernt.

EINBAND

Zeitgenössischer Renaissance-Einband. Blindgeprägter Schweinslederband über Holzdeckeln mit reicher Rollenprägung. Außen und innen Palmettenfriesrolle. Umlaufend um das Mittelfeld eine von uns nicht zu identifizierende Heiligenrolle, wohl eines sächsischen Meisters. Vorderdeckel mit dem schwarzgeprägten Wappensupralibros von Hans Christoph von Bernstein aus dem Jahr 1567 sowie dessen Monogramm „H C V B“ und Jahreszahl „1573“. Der Hintere Deckel mit erkennbaren Resten eines weiteren, wohl sächsischen Wappensupralibros „Hirschf…1556“. Zwei Schließen fragmentarisch vorhanden, die Schließbänder fehlen. Gebunden auf vier echten Bünden. Deckelkanten mit Griffmulden. Bindung und Buchblock fest und stabil. Vorderdeckel und Rücken im hervorragenden Zustand. Der hintere Deckel mit altem Moderschaden und weitreichenden Substanzverlusten des Deckelbezuges. Holzdeckel jedoch stabil.
Folio. 32,5 x 22,5 x 12 cm.

ZUSTAND

Ausgezeichneter, genuiner Zustand. Sehr sauberes  und breitrandiges Exemplar. Papier gleichmäßig gebräunt. Letzte Blätter wasserrandig. Keine nennenswerten Beschädigungen oder Defekte.

PROVENIENZ

Hans Christoph von Bernstein (1525-1589) – dessen Wappen, das Monogramm „H C V B“ sowie die Datierung „1573“ auf den Deckeln des Einbands geprägt. Christoph von Bernstein, war „seit 1565 ständiger Hofrat Kurfürst Augusts von Sachsen und zugleich hervorragender Vertreter des landständischen Adels, seit 1566 als Obereinnehmer der Trank- und Landsteuer und seit 1570 als Bergrat tätig. Steuer- und Bergverwaltung wandelte er in kurfürstliche Zentralbehörden neben Kanzlei und Renterei um. Bei Gründung der politischen Oberinstanz, des Geheimen Rates, durch Kurfürst August 1574 zu dessen vornehmstem Mitglied ernannt, nahm er auch noch unter der Regierung Kurfürst Christians I. in der Innen- und Außenpolitik Kursachsens eine einem Premierminister vergleichbare Machtstellung ein“ (NDB II, 134 f.).

KULTURGUT SICHER ERWERBEN

Hiermit wird die einwandfreie Herkunft der vorliegenden Handschrift bestätigt. Das Werk ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter und wurde mit der LostArt-Datenbank abgeglichen. Bei Lieferung außerhalb der EU besteht eine Ausfuhrgenehmigungspflicht gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen, die wir auf Wunsch des Käufers gern nach Begleichung der behördlich fälligen Kostennote einholen.

Preis
12.800 €
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Tilo Hofmann
Artikelnummer
S201
Hochbedeutende Handschrift, verfasst vom obersten Landschreiber in Böhmen

Wolf von Wrzesowitz, Herr auf Töplitz

Böhmische Landesordnung. Handschrift.

Prager Burg, 22. August 1564

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Highlight

Mittelalterliche Bibelhandschrift

Biblia Sacra, Paris, um 1250

Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.

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