HERAUSRAGENDES ZEITZEUGNIS POTSDAMER GLAS- & SILBERKUNST

Walzenkrug Krönung von Friedrich I. von Preussen

OBJEKT

Gläserner Walzenkrug mit Silberapplikation und Krönungsmünze von König Friedrich I.

ENTSTEHUNG

Potsdamer Glashütte, wohl zwischen 1730 – 1736

MEISTER

Glas: Umkreis Elias Rosbach (1700-1765), tätig in Potsdam
Medaille: Georg Hautsch (1659-1745), tätig in Nürnberg

MATERIAL

Kristallglas & Silber, ziseliert, punziert und vergoldet.

BESCHREIBUNG

Prachtvoller, gläserner Walzenkrug aus überaus dickem Kristallglas mit Bandhenkel und vergoldetem Silberdeckel mit Krönungsmünze von Friedrich I. (1657-1713). Die Bodenkugel ist von einer mattgeschnittenen Blütenrosette gerahmt. Gestauchter Fuß mit angesetzten Ohrenhenkel, der an einer Manschette den partiell vergoldeten Silberdeckel mit Daumenrast und Scharnier hält. Die Wandung ist am Standrand mit einem versenkten, mattgeschnittenen Spitzblattdekor verziert. Unter dem verwärmten Mündungsrand mit einem Kugelfries und gegenüber des Henkels mit einer Gitterwerk-Kartusche mit Grafenkrone, die von feinen Blütenranken, Lorbeerzweigen und Füllhörnern flankiert wird und das legierte Spiegelmonogramm „AMB“ trägt. Zu beiden Seiten der Kartusche sind kleine Szenen auf einem Landschaftssockel dargestellt:  Putten, die Blumen und Früchte in Körben sammeln, die akzentuierend vergoldet sind. Der Kugelfries, als auch das Monogramm sind ebenfalls vergoldet. Die Glasarbeit dieses Humpens ist in Qualität und Materialbeschaffenheit typisch für die Potsdamer, aber auch die Zechliner Glashütte.

Meisterlich gearbeiteter massiver und prunkvoller Silberdeckel mit geschwungener Daumenrast. Die Deckeloberfläche mit reichhaltig ziseliertem Bandelwerk, den Initialen „FR“ für Fridericus Rex sowie einer eingesetzten Medaille auf die Krönung Friedrichs I. zum preußischen König am 18. Januar 1701. Sichtbar sind zwei verschlagene Punzen des 18. Jahrhunderts sowie eine undeutliche spätere Steuerpunze „Windhundkopf 3“ (= 800 Silber, Österreich, ab 1867-1922).

Die Oberseite des vergoldeten Silberdeckels ist mit Rankenwerk und Blumen dekoriert, in deren Mitte die o.a. Silbermünze gefasst ist, darunter das Monogramm „FR“ für Fridericus Rex. Diese Silbermünze war anlässlich der Krönung Kurfürst Friedrichs III. von Brandenburg zu König Friedrich I. in Preußen am 18. Januar 1701 in Königsberg von dem Nürnberger Medailleur Georg Hautsch (1659-1745) angefertigt worden. Sie bildet den Moment unmittelbar vor der Krönung ab: Vor einem adlergeschmückten Sockel steht der preußische Herrscher mit dem Kurzepter in der linken, während Germania ihm die Königskrone überreicht. Die Umschriften verweisen ebenfalls auf seine Erhebung in den Königsstand: Auf dem Avers steht, dass er, „FRIDERICVS D.G. PRIMVS BORVSSIAE REX“, der erste König in Preußen wurde. Auf der Rückseite, die ein Profilbildnis von ihm trägt, findet sich die Begründung, warum Kurfürst Friedrich III. zu König Friedrich I. werden musste: „CONVENTENS VT SCEPTRA TENENS GERAT IPSE CORONAM“ (Es gehört sich, dass derjenige die Krone trägt, der die Macht hat).

Wir danken Frau Dr. Verena Wasmuth für Ihre freundliche Unterstützung bei der Zuschreibung des Humpens sowie die Entzifferung des Spiegelmonogramms.

ZUSCHREIBUNG & DATIERUNG 

Frau Dr. Wasmuth in Ihrer Einschätzung:

„Walzenkrüge mit partiell vergoldetem Glasschnitt vergleichbarer Qualität und silbervergoldetem Deckel sind bislang nicht im Handel (national wie international) aufgetaucht und auch in privaten und musealen Sammlungen lediglich vereinzelt überliefert (vgl. Rudolf von Strasser/Walter Spiegl: Dekoriertes Glas. Renaissance bis Biedermeier. Meister und Werkstätten, Katalog Raisonneé der Sammlung  Rudolf  von Strasser, München 1989, Kat. 149, S. 282).

 Diese raren Vergleichsstücke zu diesem Walzenkrug sowie stilistisch eng verwandte Gläser erlauben eine Zuschreibung sowie eine Datierung: Die charakteristischen Dekorelemente wie das Gitterwerk, der Spitzbogenfries und die besonders gute Vergoldung bestätigen die Annahme, dass es sich bei dem Walzenkrug um ein brandenburgisches Produkt aus den Jahren 1730 bis 1745 handelt. Sehr wahrscheinlich von der gleichen Meisterhand geschnitten ist ein Münzbecher mit brandenburgischer Provenienz, den die Stiftung Stadtmuseum Berlin verwahrt (Inv.-Nr. 1194/114 A). Dieser Becher entstand nach 1735, könnte demnach entweder noch aus der Potsdamer Glashütte stammen, die bis 1736 aktiv war, dürfte aber bereits in der Nachfolgerin als brandenburgisch-preußische Hofglashütte in Zechlin entstanden sein, die 1737 die Arbeit aufnahm. Beide Hütten beschäftigten nacheinander dieselben Glasmachermeister und Glasveredler, beide waren für die vollendete Vergoldung ihrer Waren berühmt (Robert Schmidt, Das Glas, Berlin 1912, S. 317; Gerrit und Karin Friese: Glashütten in Brandenburg. Die Geschichte der Glashütten vom 16. bis zum 20. Jahrhundert mit einem  Katalog ihrer Marken und 16 Farbtafeln, Stadt- und Kreismuseum  Eberswalde, Heimatkundliche Beiträge, H.1, Eberswalde 1992, S. 41).

 Für die Vergoldung könnte Johann Caspar Greinert, der ab 1737 als Goldmaler in Zechlin dokumentiert ist oder Christian Friedrich Pohle verantwortlich zeichnen, dort seit 1742 nachgewiesen (vgl. Karl-Heinz Poser: Goldmalerei auf Preussischen Gläsern, in: Der Glasfreund. Zeitschrift für altes und  neues Glas, H. 33, 2009, S.18-19, hier S.19; Robert Schmidt, Brandenburgische Gläser, Berlin 1914, S. 148.)“.

ANALYSE DES SPIEGELMONOGRAMMES

Das mit den Initialen „AMB“ zu identifizierende Spiegelmonogramm konnte trotz intensiver Recherche nicht verbindlich aufgelöst werden. Hierzu Frau Dr. Verena Wasmuth:

„Denkbar ist, dass ein weibliches Mitglied eines Adelsgeschlechts gemeint ist: Während auf brandenburgischen Gläsern den Kartuschen männlicher Monogrammträger in der überwiegenden Mehrheit Kriegstrophäen beigegeben sind, führen weibliche typischerweise Füllhörner – es gibt aber Ausnahmen, z.B. findet sich das Monogramm „FR“ auch auf Füllhorn-geschmückten Beispielen. Rein spekulativ käme also Anna Margaretha von Bredow infrage, die seit 1693 mit dem späteren königlich preußischen Generalmajor Kuno Ernst von Bredow (1663-1725) verheiratet war. Sie war die Tochter des Hans von der Marwitz (1608-1674), Kommandeur der Festung Küstrin und seiner Frau Anna Margarethe von Münchhausen (1626-1686). Ein Anlass für das Entstehen des Walzenkrugs lässt sich aber schwerlich mit ihr in Verbindung bringen.“

Das Monogramm “AMB” könnte sich nach unserer Auffassung alternativ und logisch wie folgt entschlüsseln lassen:

1.  Genealogische Ableitung

Vater: Asmus Ehrenreich von Bredow der Ältere (1646-1705), preuß. General unter Friedrich I.
Mutter: Katharina Marie von Briest (1659-1708?)
Sohn I: Asmus Ehrenreich v. Bredow (1693-1756), preuß. General, Gouv. von Kolberg, Domherr zu Brandenburg, unverehelicht
Sohn II: Mathias Christoph von Bredow, (1685-1734), königl.-preuß. geheimer Etats- und Kriegsminister
Frau: Isabel Sophie von Barnewitz (1699-1739)

Bei den von Bredows scheint uns über Generationen hinweg ein Monogramm “AMB” durchaus ableitbar, und zwar sowohl in der Kombination der jeweiligen Vornamen Asmus/Marie (Eltern) bzw. Asmus/Mathias (Söhne), als auch den Nachnamen, welcher auch in den Verehelichungen in dieser Zeit allesamt mit “B” beginnen (Bredow/Briest bzw. Bredow/Barnewitz). Insofern wäre deren Monogram “AMB” sowohl als Familien-, wie auch als Allianz-Monogramm zu verstehen, welches sich auch in den historischen Kontext durchaus logisch einordnen ließe.

2.  Historisch passende Hintergründe und Bezüge

a) Von 1706 bis nach 1711 war Asmus Ehrenreich von Bredow d.J.an der Ritterakademie Brandenburg. Danach studierte er bis 1713 an der Universität Halle. 1714 dann Eintritt in die preußische Armee (Infanterie-Regiment Wartensleben). 1715 nahm er am Pommernfeldzug teil. Er war ein Liebling von König Friedrich Wilhelm I. und so durfte er während dessen Krankheit die Nachtwache halten, bis der König starb. Der neue König Friedrich II. beförderte ihn noch 1740 vom Major zum Oberst der neuerrichteten Garde. Man findet im Band 10 der Werke Friedrichs des Großen auf Seite 136 ein ihm gewidmetes Gedicht, und in Denina „La Prusse littéraire“, T. I. 290 als Curiosum die Notiz, daß Bredow zwei Mal gestorben ist.

b) Die zeitliche Eingrenzung der Entstehung des Humpens (zwischen 1730-1743) mit den Lebensdaten der drei Könige (Fussnote 1) innerhalb zweier Bredow-Generationen aber vor allem auch die fortlaufende Wertschätzung, die die von Bredow von den Königen erhielt, nährt die Annahme, dass vorliegender Humpen ein Geschenk des Königs an die Bredows gewesen sein kann.

3.  Königsbezug im kunsthistorischem Kontext

In Anbetracht der Tatsache, dass bereits die Väter (Friedrich I. und sein General Asmus Ehrenreich d.Ä.) gegenseitig Hochachtung erfuhren, deren Söhne (Friedrich Wilhelm I. und sein General Asmus Ehrenreich d.J.) dieses Verhältnis weiter pflegten, und auch der junge Friedrich II. Asmus Ehrenreich hohe militärische Ehren zusprach und sogar mit ihm nachweislich auch schöngeistige Beziehungen pflegte (siehe *III.), erscheint es wahrscheinlich, dass der vorliegende Humpen ein Geschenk des jungen Friedrich an die Familie von Bredow war, möglicherweise zu seiner eigenen Krönung ausgereicht, was die Verwendung der krönungsmünze seines Großvaters erklären könnte. Somit wäre ferner zu erklären, wieso zum einen das Monogramm “F(ridericus R(ex)” auf dem Deckel zu finden ist und auch ließe sich die nicht miltärische, sonder kunstvoll-schöngeistige Gestaltung des Dekors erklären.

Literaturnachweise:

I Branig, Hans, „Bredow, Mathias Christoph von“ in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 567 [Online-Version]; https://www.deutsche-biographie.de/pnd135583586.html#ndbcontent

II Autorenlexikon geistlicher Lyrik deutscher Sprache, Band 1: https://books.google.de/books?id=HqTREAAAQBAJ&pg=PA113&lpg=PA113&dq=%22Katharina+Marie+von+Briest

III ADB: Bredow, Asmus Ehrenreich von: https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Bredow,_Asmus_Ehrenreich_von

Fussnote 1: Lebensdaten der Könige

Friedrich I. (1657-1713), König von 1701-1713
Friedrich Wilhelm I. (1688-1740), König von 1713-1740
Friedrich II. (1712-1786), König von 1740-1786

ABMESSUNGEN

Höhe: 20 cm
Durchmesser Lippe: 11 cm
Durchmesser Silberdeckel: 12 cm
Gewicht: 1.011 Gramm

ZUSTAND

Sehr guter Originalzustand mit nur geringen Gebrauchsspuren. Die Vergoldung des Deckels und des Glases berieben.

PROVENIENZ

Niedersächsische Privatsammlung.

REFERENZ

Gütther 52; North 143; Frankfurter Münzblätter 1901, 24, S. 246, Nr. 24; Henckel 3545/3546; Ampach 11069.

KULTURGUT SICHER ERWERBEN

Hiermit wird die einwandfreie Herkunft dieses Humpens bestätigt. Dieser ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter.

Preis
6.900 €
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Tilo Hofmann
Artikelnummer
S529
HERAUSRAGENDES ZEITZEUGNIS POTSDAMER GLAS- & SILBERKUNST

Frau Dr. Wasmuth in Ihrer Einschätzung:

„Walzenkrüge mit partiell vergoldetem Glasschnitt vergleichbarer Qualität und silbervergoldetem Deckel sind bislang nicht im Handel (national wie international) aufgetaucht und auch in privaten und musealen Sammlungen lediglich vereinzelt überliefert (vgl. Rudolf von Strasser/Walter Spiegl: Dekoriertes Glas. Renaissance bis Biedermeier. Meister und Werkstätten, Katalog Raisonneé der Sammlung  Rudolf  von Strasser, München 1989, Kat. 149, S. 282).

Diese raren Vergleichsstücke zu diesem Walzenkrug sowie stilistisch eng verwandte Gläser erlauben eine Zuschreibung sowie eine Datierung: Die charakteristischen Dekorelemente wie das Gitterwerk, der Spitzbogenfries und die besonders gute Vergoldung bestätigen die Annahme, dass es sich bei dem Walzenkrug um ein brandenburgisches Produkt aus den Jahren 1730 bis 1745 handelt. Sehr wahrscheinlich von der gleichen Meisterhand geschnitten ist ein Münzbecher mit brandenburgischer Provenienz, den die Stiftung Stadtmuseum Berlin verwahrt (Inv.-Nr. 1194/114 A). Dieser Becher entstand nach 1735, könnte demnach entweder noch aus der Potsdamer Glashütte stammen, die bis 1736 aktiv war, dürfte aber bereits in der Nachfolgerin als brandenburgisch-preußische Hofglashütte in Zechlin entstanden sein, die 1737 die Arbeit aufnahm. Beide Hütten beschäftigten nacheinander dieselben Glasmachermeister und Glasveredler, beide waren für die vollendete Vergoldung ihrer Waren berühmt (Robert Schmidt, Das Glas, Berlin 1912, S. 317; Gerrit und Karin Friese: Glashütten in Brandenburg. Die Geschichte der Glashütten vom 16. bis zum 20. Jahrhundert mit einem  Katalog ihrer Marken und 16 Farbtafeln, Stadt- und Kreismuseum  Eberswalde, Heimatkundliche Beiträge, H.1, Eberswalde 1992, S. 41).

Für die Vergoldung könnte Johann Caspar Greinert, der ab 1737 als Goldmaler in Zechlin dokumentiert ist oder Christian Friedrich Pohle verantwortlich zeichnen, dort seit 1742 nachgewiesen (vgl. Karl-Heinz Poser: Goldmalerei auf Preussischen Gläsern, in: Der Glasfreund. Zeitschrift für altes und  neues Glas, H. 33, 2009, S.18-19, hier S.19; Robert Schmidt, Brandenburgische Gläser, Berlin 1914, S. 148.)“

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Tilo Hofmann
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