Der Theuerdank. Die geuerlicheiten vnd einsteils der geschichten des loblichen streytparen vnd hochberümbten helds vnd Ritters herr Tewrdannckhs.
Melchior Pfintzing & Marx Treitzsauerwein
Nürnberg, Johann Schönsperger d.Ä., 1519
J. Schönsperger (um 1455–1521) war seit 1508 kaiserlicher Hofbuchdrucker in Nürnberg. Er war auf Wunsch des Hofes für diesen Druckauftrag von Augsburg, wo er seine Offizin betrieb, nach Nürnberg umgezogen. Die zweite Auflage aus dem Jahre 1519 druckte Schönsperger dann in Augsburg.
Hervorragendes Exemplar des bedeutenden Heldenepos Kaiser Maximilians I. namens Theuerdank. Vorliegendes Werk ist vollständig, wohlerhalten, in einem Adelseinband gebunden und stammt aus dem Besitz mehrerer Adelsgeschlechter des 16.-18. Jahrhunderts.
Zweiter Druck der zweiten Auflage eines der berühmtesten illustrierten Werke der Frührenaissance mit dem legendären Heldenepos um den edlen Ritter Theuerdank. Das Werk feiert in idealisierter Weise die heroischen Abenteuer und Taten des jungen Kaiser Maximilian bis zu seiner Brautwerbung um Maria von Burgund.
Der Theuerdank ist das einzige Werk der „medialen kaiserlichen Heldentrilogie“, welches zu Lebzeiten des Kaisers fertig wurde und zur damaligen Zeit erschien. Der „Weisskunigk“, die unvollendet gebliebene allegorische „Autobiographie“ Kaiser Maximilians I. erschien erst 1775 in Wien und der Heiligenepos „Images de Saints Maximilian I.“ gar noch später. Maximilian selbst gab sowohl Konzept und Inhalte der Kapitel, als auch die zu druckenden Bilder des Theuerdank vor. Er diktierte Entwürfe und machte Vorzeichnungen. Marx Treitzsaurwein, persönlicher Sekretär Maximilians, bearbeitete die Texte, Melchior Pfintzing setzte die Verse. Pfintzing, der unter Maximilian ein vielseitiger kirchlicher Würdenträger war und in hohem Rang am kaiserlichen Hof stand, übernahm zudem die Schlussredaktion. Pressefreiheit war am Hof des bedeutenden Kaisers wohl nicht gerade angesagt.
Im Jahre 1517 erschienen zunächst etwa 40 Geschenkexemplare des Theuerdank auf wertvollem Pergament gedruckt, welche der Kaiser an die Königshäuser verteilte, sowie 300 papierne Geschenkexemplare für die Fürstenhäuser und den Hofstaat. Die hier vorliegende, 1519 gedruckte, zweite Auflage war gilt als erste Verkaufsauflage. Maximilian förderte in seinem Theuerdank die Legendenbildung der eigenen Person, die alle Gefährdungen besonnen, weise und tapfer meistert. Seine ständigen Begleiter auf den Abenteuern sind Fürwitz, Unfall und Neidhard; diese repräsentieren die drei Laster Übermut, Vermessenheit und Neid.
Melchior Pfintzing (1481-1535) war Geistlicher und ein hochrangiges Mitglied des Hofstaats bei Kaiser Maximilian I. . Pfintzing entstammte einer der ältesten und einflussreichsten Patrizierfamilien Nürnbergs. Seine Karriere am Wiener Hof begann mit der Stellung als einer der Sekretäre des Hofkanzlers Maximilians, Cyprian von Nordheim; anschließend wurde er Sekretär und Rat des Kaisers. Zusammen mit seinen Brüdern wurde er 1510 in den Ritteradel erhoben. Auf Wunsch des Kaisers erhielt Pfintzing 1512 die Propstei St. Sebald in Nürnberg; im Jahre 1517 wurde er Propst des Ritterstifts von St. Alban zu Mainz. Er kümmerte sich um die Hofhaltung und hatte weitergehende Aufgaben zu erfüllen, wie zum Beispiel die Bischofswahl 1513 in Speyer und den Preßburger Fürstentag im Jahre 1515. Aus der dem Theuerdank vorangestellten Widmung, in der sich Pfintzing 1517 als Kaplan von Maximilians I. Enkel, König Karl von Spanien, dem späteren Kaiser Karl V. bezeichnet, wurde geschlossen, dass Melchior Pfintzing auch Hofkaplan Karls V. gewesen sei, was allerdings bereits im 19. Jahrhundert bezweifelt wurde.
Marx Treitzsaurwein (1450-1527), war Geheimschreiber Kaiser Maximilians I. und nach dessen Tod Rat Karls V. und zuletzt Kanzler von Niederösterreich. Treitzsaurwein gilt neben Melchior Pfinzing als Mitverfasser und Redakteur von dem Kaiser zugeschriebenen literarischen Werken, insbesondere des Weißkunig und des Theuerdank. Nach dem Tode Maximilians I. im Jahre 1519 bekleidete Marx Treitzsaurwein von Ehrentreitz noch weitere Ämter als Rat Kaiser Karls V., in der Regierung Österreichs und zum Ende seines Lebens als Kanzler. Durch die Ausstattung mit Feudalrechten und Titeln war er in den niederen Adel aufgestiegen. Nach seinem Testament, das erhalten ist, wird angenommen, dass er vor seinem Tode Anhänger der Reformation geworden sei.
290 nicht num. Blatt.
Lagenformel: a-c8; d6; e-h8; i6; k-n8; o6; p,q8; r6; s,t8; v6; x,y8; z6; A,B8; C6; D,E8; F6; G,H8; I6; K,L8; M6; N8; O6; P8; A8.
Der Theuerdank gilt als ein außerordentlich bedeutsames Werk der Buchdruckerkunst. Die außergewöhnliche Typografie entwarf Vinzenz Rockner, deren Form auf Wunsch des Kaisers der in seiner Kanzlei gebräuchlicher Handschrift nachempfunden worden war. Kennzeichnend für den Satzspiegel des Theuerdank-Druckes sind die nachträglich und vermutlich von Rockner selbst mit der Feder angehängten kalligraphischen Schreibschnörkel. Die Schrift des Werkes setzte sich unter dem Namen „Theuerdank“ im 16. Jahrhundert für längere Zeit durch und wird heute als Vorstufe der Fraktur angesehen.
Blattgröße: 33,7 x 22,8 cm. Satzspiegel: Variiert bis zu 32,5 x 14,0 cm.
118 Holzschnitte, davon drei (1, 2 und 108) mit alter Hand koloriert, für die die berühmten Künstler, Hans Schäufelin, Hans Burgkmair und Leonhard Beck, die Zeichnungen lieferten und diese dann von Jost de Negker in Holz geschnitten wurden. Die Holzschnitte zeigen zeichnerisch und schnitttechnisch außerordentliches Raffinement. Die Variabilität, vermittels der Linien Plastizität und Räumlichkeit darzustellen, galt als neuartig und unterstrich Maximilians Bestreben, die Entwicklung und Vervollkommnung der Buch- und Illustrationskunst voranzutreiben.
Die Holzschnitte wurden zum Teil von den beteiligten Künstlern untereinander geändert. So unterlief Hans Burgkmair bei seiner Illustration zum Kapitel 118 ein Fehler: Er bildete im Hintergrund den Hauptmann Neidelhart ab, der zu diesem Zeitpunkt der Erzählung allerdings längst hingerichtet worden war. Leonhard Beck, der mehrere Holzschnitte veränderte, entfernte Neidelhart und ersetzte ihn durch ein Gebüsch. Beck erlaubte sich auch Eingriffe in die Dramaturgie von Burgkmairs Illustrationen. So korrigierte er dessen Holzschnitt zu Kapitel 49, der Theuerdank durch einen Steinschlag gefährdet darstellte; während Burgkmairs Fassung nur die soeben herabfallenden Steine zeigt, rollt dem Ritter in Becks Änderung ein großer Stein bereits zwischen die Füße. Die Ausgabe von 1517 und alle späteren gingen mit den geänderten Illustrationen in Druck; die ursprüngliche Fassung blieb erhalten in einem Exemplar mit Andrucken. Quelle: Österreichische Nationalbibliothek, Wien; Cod. 2833
Maximilian I. sah sich nach seiner Wahl zum römisch-deutschen König im Jahre 1486 einem Reich voller Spannungen gegenüber. Die 1495 auf dem Reichstag zu Worms von ihm auf den Weg gebrachte Reichsreform hatte durch den Widerstand der Reichsstände für Maximilian nach der Erlangung der Kaiserwürde im Jahre 1508 den Druck erhöht, seine Macht und seine Rolle zu verdeutlichen. Theuerdanks zunächst recht alltäglich erscheinende Fährnisse erweisen sich so bei näherem Hinsehen als Programm. Seine Gefährdungen, z. B. in einem städtischen Haushalt oder auf der Jagd, verweisen auf die Alltäglichkeiten der verschiedenen Stände; Geschichten mit Lawinen oder auf einem beinahe kenternden Schiff umreißen auch die regionale Ausdehnung des deutschsprachigen Raums in Maximilians Reich. Die allegorische Figur des Ritters Theuerdank ließ sich als „vorbildlicher Bezwinger“ der „allgemeinen Gefährdungen eines jeden Menschen“ verstehen. Quellen: Stephan Füssel: Der Theuerdank von 1517. Das Epos des „letzten Ritters“ Theuerdank. Taschen: Köln 2003; S. 39.
Die Erlebnisse des Ritters werden in 118 Kapiteln erzählt, denen jeweils ein Holzschnitt vorangestellt ist. Die insgesamt 80 Gefährlichkeiten des Ritters werden eingeleitet durch den Hintergrund und den Anlass für die Brautwerbung und abgeschlossen durch deren glücklichen Ausgang und den unausgeführten Plan eines Kreuzzugs. Ritter Thewrdanck, der Name verweist auf edle Gedanken und Entschlossenheit, macht sich auf zu seiner Braut, dem Fräulein Ernreich, der Tochter König Romreichs. Der gerade mal achtzehn Jahre zählende Ritter wird auf seiner Brautfahrt gemeinsam mit seinem Begleiter Ernhold in erlei Fährnisse verwickelt, die er siegreich zu bewältigen weiß. Ausgelöst werden die Unbilden, bei denen es sich zum Beispiel um Auseinandersetzungen mit Wildschweinen, Steinschlägen oder in Brand geratenen Küchen handelt, durch drei ihm nacheinander unterwegs begegnende und ihn jeweils im Folgenden begleitende Figuren, die sich mit sprechenden Namen Fürwittig, Unfalo und Neidelhart nennen. Die drei sind Hauptleute, die die Auflösung ihres Heeres infolge der Heirat befürchten und deshalb die Brautfahrt des Ritters zu verhindern trachten. Fürwitz bringt den Helden durch dumme Einfälle in die Problemlagen; Unfall geht absichtsvoll vor, weil er die Ehre des Tapferen für sich haben will, und Neidhart bringt den Ritter aus Missgunst in allerlei Gefahr. Alle drei landen am Ende beim Henker: Fürwitz verliert den Kopf, Unfall wird am Galgen aufgehängt und Neidhard vom Balkon in den Tod gestürzt. Ritter Theuerdank wird zwar am Schluss verlobt, muss aber, bevor Fräulein Ehrenreich ihm gehört, erst noch ins Heilige Land zu neuen Abenteuern; mit diesem Entschluss endet die Geschichte.
Blindgeprägter Schweinsledereinband des 16./17. Jahrhunderts. Vorderer Deckel mit dem vergoldeten Wappensupralibros mit den Initialen „G H C D M G /M V S“. Gebunden auf sieben Bünden. Dreiseitiger Rotschnitt. Guter Zustand. Deckel berieben und fleckig. Kanten stärker berieben und beschabt. Schließbänder fehlen. Buchblock und Bindung fest und stabil. Vorderes Innengelenk gebrochen.
Folio: 34,5 x 24,5 x 7 cm.
Sehr guter Zustand mit nur wenigen Gebrauchsspuren. Größenteils kräftige Abdrücke der Holzschnitte und feste Papiersubstanz. Sauberes und breitrandiges Exemplar. Papier durchgängig gleichmäßig leicht gebräunt und fingerfleckig, partiell auch stärker. Titel ohne Textverlust ausgeschnitten und alt auf Büttenaufgebracht. Erste Lage neu angefalzt und mit Verstärkung im rechten Rand. Einige wenige Blatt unten im Rand schwach wasserrandig und mit reparierten Läsuren oder Rissen. Wenige kalligraphische Schriftausläufer oben oder unten angeschnitten. Titel koloriert und zusätzlich mit einer Umrahmung versehen.
VD16 M1650; Panzer 958; Brunet IV, 767-8; Fairfax Murray German, 330; Dodgson II, 123-25 (Beck), 7-8 (Schäufelein), 58-59 (Burgkmair); Adams P 963; Stephan Füssel: Der Theuerdank von 1517.
Hiermit wird die einwandfreie Herkunft des vorliegenden Werkes bestätigt. Das Werk ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter. Eine Ausfuhrgenehmigung der deutschen Kulturbehörden ist nicht erforderlich.
Melchior Pfintzing & Marx Treitzsauerwein
Der Theuerdank.
Johann Schönsperger d.Ä., Nürnberg 1519
Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.
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