AUS DER SAMMLUNG DES REKTORS JAN KOK

Das „Prognosticon astrologicvm“ mit Thurneisser-Handschrift

DER DRUCK:

AUTOR

Nicolaus Weyse

TITEL

„Prognosticon astrologicvm. Von dem 1572. bis auff das 1588. Jar wehrende/ Dorinnen gründlichen vnd gewis angezeiget wird/ was sich in obgemelten jaren künfftig begeben vnd zutragen werde/ alles mit hohem vleis zu trewer warnung gerechnet und beschrieben/ Durch Nicolaum Weysen Mathematicum.“

DRUCK

Ohne Ort, Drucker und Jahr. Wird in den Bibliographien mit „um 1571“ geführt.

BESCHREIBUNG

Absolut seltene astrologische Schrift von Nicolaus Weyse – gleichzeitig eine von etwa zehn heute bekannten Ausgaben dieser Thematik. Von der hier angebotenen Schrift scheinen jedoch nur lediglich zwei weitere Exemplare bekannt zu sein. Wie die bereits erwähnten zehn Ausgaben zeigen, war die Schrift in der damaligen Zeit überaus populär: weitere Drucke davon erschienen zusammen mit der Vorhersage des Ursinus, aber auch Übersetzungen ins Polnische und Dänische sind bekannt (vgl. Houzeau-L.).

„Im 1571…gedruckten „Prognosticon Astrologicum“, das sich auf die Jahre von 1572 bis 1588 bezieht, schrieb der Mathematicus Nicolaus Weyse eine vergleichsweise noch günstige Prognose für die Jahre 1572-74. Es gehört aber zu den geradezu selbstverständlichen Bestandteilen dieser Art von Voraussagen, daß sie trotz guter Aussichten für das Wetter und den menschlichen Gesundheitszustand Unwetter und schlimme Krankheiten Voraussagen, auf die sich die Leser einzustellen haben. Seiner Kenntnis der politischen Verhältnisse ist es zu verdanken, dass er in Frankreich und den Niederlanden politische Unruhen kommen sieht, die sicherheitshalber auch auf Welschland und Spanien ausgeweitet werden… Ausgesprochen düstere Perspektiven eröffnen sich dem Sterndeuter für das Jahr 1574. Ganz Mitteleuropa wird von Kriegen, Aufruhr, Raub, Mord und Brand bedroht werden: die Ankündigung von Feldschlachten, großem Sterben und einer Pestilenz vervollständigen das beängstigende Bild. Weyse begründet das aus der Mondfinsternis am Ende 1573. Da Verfinsterungen als Vorzeichen gelten, treten ihre Wirkungen erst mit einiger Verspätung ein“ (Weichenhan, „Ergo perit coelum…“, Die Supernova des Jahres 1572 und die Überwindung der aristotelischen Kosmologie S. 450).

AUSSTATTUNG

Mit großem und künstlerisch beachtenswerten Titel-Holzschnitt. Dieser zeigt verschiedene Szenen aus der Apokalypse wie Feuerregen, eine Reiterschaar (mit türkischer Fahne) und einen Widder: dieser steht schon bei den Griechen für den Kriegsgott Ares, ein Jahr, das im Haus des Widders beginnt, bedeutete im Frühjudentum ein Jahr apokalyptischer Katastrophen. Schöner einspaltiger Druck in gotischer Type.
Blattgröße: 19 x 15 cm; Satzspiegel: 15,5 x 10,5 cm

_____________________________________________________________________

DIE HANDSCHRIFT

Deutsch-lateinische Handschrift, wohl von der Hand Leonhard Thurneissers, entstanden im Grauen Kloster: „Prophecey auf 50 Jar J. S.“, sowie zwei weitere kurze astrologische Texte. Die Handschrift enthält zunächst eine „Prohecey auf 50 Jar“ in Reimen:

„Wenn man wird schreiben sechzig Jar// desselben wen ein ich war// zwo Sonn vertuncklung wird man sehn// Ein sechs punckt gros, die andr zehn. …“.

Des Weiteren schließen sich ein lateinischer Zweizeiler, eine kurze Vorhersage auf das Jahr 1560 in deutscher und eine weitere auf das Jahr 1569 in lateinischer Sprache an. Bei der fünf Seiten umfassenden Handschrift handelt es sich vermutlich um die Vorrede zu einer umfangreicheren Schrift. Laut altem Eintrag auf dem weißen Vorsatzblatt von Jan Kok (niederländischer Pharmazeut, Universitätsprofessor und -rektor (1899-1982)) handelt es sich dabei um einen Autographen Thurneyssers.

Die Handschrift stammt nachweislich aus dem vom Antiquariat Wölfle, München, im Jahr 1960 im Katalog angebotenen Konvolut (S.64, Lot 313). „Ein Vergleich mit Handschriften Thurneyssers in der Preußischen Staatsbibliothek (vgl. Fest-schrift Darmstaedter 1922, S. 127) erwies, dass es sich tatsächlich um eigenhändige Schriftstücke Thurneyssers handelt. Die Manuskriptseiten und die Unterschrift sind von der gleichen Hand! Sie befinden sich in den Büchern:

1) Scultetus, Barthol., Calendarium Ecclesiasticum et horoscopum perpetuum. Ein ewig werender Calender. Görlitz, Ambros. Fritsch (1571).

2) Ders., Des grossen u. wunderbaren Cometen, so … im 1577. Jahr gesehen worden: Astronomische u. natürl. Beschreibung. Ebenda 1578.

3) Weyse, Nicol., Proqnosticum Astroloqicum, Von dem 1572. bis auff das 1588. Jar., o.O.J.u.Dr. mit interess. Titelholzschn. (Belagerung einer Stadt, Türkenzug u. Steinbock).“ (Wölfle)

ZUM AUTOR

Leonhard Thurneisser, oder auch Thurneysser (1531 Basel – 1596 Köln) war ein bedeutender und umstrittener Alchimist, Mediziner, Botaniker und Astronom. Nach seiner Goldschmiedelehre und anschließender Tätigkeit als Alchemist musste er aus Basel fliehen. Er führte fortan ein unstetes, bewegtes und abenteuerliches Leben. 1558 übernahm er die Leitung der Silberbergwerke in Tirol. 1559 war er als Anatom in Innsbruck tätig. Zwischen 1560 und 1570 auf Reisen.

1571 wurde er Hofalchimist und Leibarzt des Kurfürsten von Brandenburg, dessen Gemahlin er geheilt hatte. Für seine Arbeiten stellte der Kurfürst ihm einen Teil des ehemaligen Franziskaner- klosters zur Verfügung, das heute als Graues Kloster bekannt ist. Leonhard Thurneysser richtete in dem Kloster seine Wohnung, seine Bibliothek, eine Druckerei sowie seine Laboratorien ein. Aufgrund seiner selbst erstellten Medizin wurde er schnell zu einem reichen Mann. In seiner Druckerei produzierte er Schriften in unterschiedlichsten Alphabeten und nutzte dafür neben deutschen, lateinischen, griechischen und hebräischen Lettern auch solche mit arabischen Schriftzeichen. Er richtete das erste naturwissenschaftliche Kabinett in Brandenburg ein, legte einen botanischen Garten an und hielt exotische Tiere auf dem Hof.

Weitere Geschäftsmodelle von ihm waren der Verkauf von astrologischen Kalendern, das Erstellen von Horoskopen und die Fertigung von Talismanen zum Schutz vor dem Bösen. Aufgrund dieser Tätigkeiten wurde er 1584 als Geisterbeschwörer verdächtigt. Von seiner dritten Frau des Ehebruchs und der Verschwörung mit dem Teufel angeklagt, war Turneisser seither auf der Flucht und fand nicht mehr in sein erfolgreiches Leben zurück. Er starb schließlich arm und in Elend in einem Kloster am 09.07.1596.
_____________________________________________________________________

KOLLATION

12 nicht num. Blatt Prognosticon Weise; 5 nicht num. Seiten Handschrift Thurneisser. Vollständig

EINBAND

Karton unter Verwendung eines alten Missaledruckes.

ZUSTAND

Guter bis sehr guter Zustand. Titel des Druckes im Rand wenig braunfleckig, sonst nahezu fleckenfrei. Ein Blatt mit kleinem Braunfleck oben. Kräftiger Druck und festes Büttenpapier, teilweise mit Wasserzeichen.

PROVENIENZ

Aus der Sammlung des niederländischen Pharmazeuten, Universitätsprofessors und Rektors Jan Kok (1899-1982) mit seinem von J. Buning entworfenen Exlibris.

NACHWEIS

VD 16, ZV 18260; Zinner *2562; vgl. auch Houzeau-Lancaster 14813 (andere Ausgabe).

PROVENIENZ
  • Katalog Wölfle, München, 1960; S. 64, Lot 313
  • Jan Kok (1899-1982), niederländischer Pharmazeut, Universitätsprofessor und -rektor) – dessen Exlibris auf dem Spiegel
KULTURGUT SICHRER ERWERBEN

Hiermit wird die einwandfreie Herkunft des vorliegenden Werkes bestätigt. Das Werk ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter.

Preis
3.600 €
*
Haben Sie Interesse am Objekt?
Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail
Katrin Hofmann
Artikelnummer
N081
Höchstseltener Druck des „Prognosticon astrologicvm“ mit den handschriftlichen Prophezeiungen von Leonhard Thurneisser

Nicolaus Weyse (Druck)

Leonhard Thurneisser (Handschrift)

AD 1571

 

Haben Sie Interesse am Objekt?
Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail
Katrin Hofmann
Zum Anfang der Seite

Highlight

Wahrlich ein unglaublicher Schatz!

Das Vierte gedruckte Buch:
Schöffers Durandus von 1459

Diese hier vorliegende Druckausgabe der „Rationale“ von Durandus ist von höchster Bedeutung für die Geschichte der Typographie und gilt als das dritte datierte und vierte überhaupt gedruckte Buch. Vorausgegangen waren lediglich die um 1455 gedruckte Gutenbergbibel sowie die ebenfalls in der Offizin von Fust und Schöffer entstandenen Psalter vom 14. August 1457 und vom 29. August 1459. Eigens für diesen Druck schuf Peter Schöffer die sogenannte „Durandus-Type“, eine Gotico-Antiqua, die Elemente der Rotunda mit den Stilmerkmalen der italienischen Humanistenhandschriften verbindet.

Ähnliche Artikel