Stephan Fridolin (1430-1498)
Schatzbehalter der wahren Reichtümer des Heils.
Anton Koberger, Nürnberg, 18. November 1491
Erste und einzige Ausgabe eines der schönsten und bedeutendsten Werke der Inkunabelzeit. In dem Predigtzyklus werden 100 Betrachtungsweisen des Leidens Christi abgehandelt, die durch 96 ganzseitige Holzschnitte aus der Wolgemut-Pleydenwurff-Werkstatt illustriert sind. Neben Szenen aus dem Alten und Neuen Testament sind allegorische Bilder theologischen Inhalts vertreten. Fridolin schöpfte aus patristischen, insbesondere franziskanischen Quellen, aber auch Werke der Scholastik und des Aristoteles waren ihm vertraut. Das Andachts- und Erbauungsbuch wurde „auf Veranlassung der Schwestern des Nürnberger Klarissenklosters und ihrer Äbtissin, Caritas Pirckheimer, von Fridolin (1482-1498 Prediger und Beichtvater bei St. Klara) verfasst und nach Bellm in einer Auflage von ca. 150 Exemplaren gedruckt“. (Schäfer).
Der Franziskanerobservant Stephan Fridolin (ca. 1430-1498) wirkte seit 1460 als Prediger im Bamberger Franziskanerkloster. Nach einer Romreise war er ab 1480 als Lektor des Nürnberger Franziskanerklosters und 16 Jahre als Prediger und später auch als Beichtvater der Nürnberger Klarissen tätig. Neben einem historischen Werk und einigen Predigten verfasste Fridolin als erste Erbauungsschrift den ‚Schatzbehalter‘, es folgten ‚Der geistliche Herbst‘ und ‚Der geistliche Mai‘. Die Autorschaft des anonym erschienenen ‚Schatzbehalters‘ ist durch einen zeitgenössischen Eintrag in einem in der BSB vorliegenden Exemplar gesichert, das aus dem Kloster Rebdorf stammt.
Zweispaltige, gotische Type mit 41 Zeilen. Jungfräuliche Initialspatien, Urzustand. Illustriert mit einer Folge von 96 prachtvollen Holzschnitten von 91 Stöcken, die in der Mehrzahl nachweislich von Michael Wolgemut und Wilhelm Pleydenwurff geschaffen wurden. „Mit ihrer Fülle des bildhaft Dargebotenen bildet sie Vorstufe und Ausgang zu Dürers monumentalen Holzschnitten“ (Dürer-Kat. 1971, Nr. 115). Sie wurden auf Wirkung ohne Kolorierung geschnitten und zeigen nur so ihren Detailreichtum und ihre außergewöhnliche Schönheit. „Ein so reich illustriertes, mit so großen, sorgfältig durchgearbeiteten Holzschnitten versehenes Buch war bis dahin unerhört. Hatte Nürnberg seine Illustrationen seither größtentheils von auswärts her entlehnt; so lieferte es hier ein Buch, das sich den Besten anderswo erschienenen würdig an die Seite setzt“ (Muther).
Satzspiegel: 26 x 16 cm; Blattformat: 33 x 22,5 cm.
353 (statt 354) nicht nummerierte Blatt, das erste weiß. Ohne das letzte weiße Blatt. In Text und Abbildung vollständig.
Lagenzählung: a-z; ab,ac,ad6; ae8; A-Z6; Aa–Gg6; Hh10.
Meisterlicher, roter Maroquineinband von C. Hardy (signiert). Goldgeprägter Rückentitel sowie Steh- und Innenkantenvergoldung. Dreiseitig schwerer Goldschnitt. 6 Bünde. Sehr gute Erhaltung. Buchblock und Bindung fest und stabil. Deckel etwas fleckig.
Abmessungen: Folio 33,5 x 24,5 x 5 cm.
Exzellente Erhaltung. Festes Papier, kräftiger Druck. Äußerst sorgfältig gereinigtes Exemplar. Stellenweise nur noch sehr gering fingerfleckig. Letztes Blatt mit kaum sichtbaren kleinen Restaurierungen im Randbereich. Blatt F6 mit kleinem Eckabriss durch Papierfehler. Holzschnitt auf g1v mit Verfärbung. Keine Ausrisse, Risse oder Fehlstellen.
Literatur: ISTC is00306000; GW 10329; Hain-Copinger 14507 (Hain 6236); BMC II, 434; Goff S-306; Dodgson I, 240 ff.; Fairfax Murray 392; Muther 423; v. Arnim, Slg. Schäfer 134.
Bibliotheken: ISTC listet Exemplare in 146 Bibliotheken weltweit, die meisten davon Fragmente.
Hiermit bestätigen wir Originalität sowie einwandfreie Herkunft der vorliegenden Inkunabel. Das Objekt ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter und wurde mit dem LostArt-Register abgeglichen. Für die Lieferung außerhalb der EU ist eine Ausfuhrgenehmigung der Kulturbehörden erforderlich.
Stephan Fridolin
Schatzbehalter der wahren Reichtümer.
Anton Koberger, Nürnberg, 18.11.1491
Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.
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