PRACHTVOLLE GOTISCHE BUCHMALEREI

Flämisches Stundenbuch des Franziskanerordens

TITEL

Horae Beatae Mariae Virginis.
Stundenbuch – B.O.H.

ENTSTEHUNG

Flandern, wohl Brügge, um 1460

BESCHREIBUNG

Äußerst prachtvoll gestaltete, vollständige und wohlerhaltene lateinische Handschrift auf Pergament. Dieses bemerkenswerte und reichhaltig illustrierte Stundenbuch dürfte für einen franziskanischen Auftraggeber oder zumindest für einen mit diesem Orden verbundenen Nutzer geschaffen worden sein. Dies erklärt die Aufnahme der Stundengebete zu Ehren des franziskanischen Ordensgründers und Antonius von Padua unter die im Gebetsbuch besonders verehrten und eigens mit Gebeten bedachten Heiligen, gleich wie mit dem groß angelegten Passionszyklus der auf die Imitatio Christi ausgerichteten Spiritualität der Franziskaner bildlich Rechnung getragen wurde.

„Wenngleich die gemalten Bildräume und Szenerien ansprechend konzipiert sind und auch die Randbordüren durchaus luxuriös ausgestattet sind, so ist der Malstil des unbekannten Miniaturmalers noch graphisch ausgerichtet und gegenüber der damaligen Buchmalerelite wenig progressiv und etwas zurückgeblieben. Das auch schon der nordfranzösischen Buchmalerei zugewiesene Stundenbuch lässt, gerade was die graphische Ausrichtung der Malereien angeht, alternativ an eine Herkunft aus Flandern, womöglich Brügge denken. Der Stil und das Verständnis der Landschaftsszenerien erinnert an die Bildminiaturen des auf 1454 datierten Magdalenen Missale aus der Magdalenenkirche in Brügge (Brügge Grootseminarie ms 48/3), wo ein ähnlich konzipierter Figurenstil und vergleichbare Randbordüren erkennbar sind. Eine Datierung zwischen 1460 und 1465 scheint denkbar.“

Prof. Dr. Gaudenz Freuler, Universität Zürich

AUSSTATTUNG

17-zeilige schwarzbraune Textura auf roten Linien. 17 große Miniaturen in Farben und Gold mit reicher figürlicher und floraler Bordüre. 17 fünfzeilige Prachtinitialen mit Goldhöhungen sowie zahlreiche zweizeilige Initialen in Gold und Farben.

Die Miniaturen zeigen:

  1. Christus am Kreuz vor felsiger Landschaft, mit 8 kleinen Darstellungen aus der Passion.
  2. Ausgießung des hl. Geistes. Maria und die Jünger in einer Säulenhalle.
  3. Maria mit Jesuskind auf einem Thronsessel, von Engel umgeben.
  4. Maria und Anna, vor Gebäuden stehen.
  5. Geburt Christi.
  6. Der Engel erscheint den Hirten auf der Weide.
  7. Anbetung der heiligen drei Könige vor dem Stall in felsiger Landschaft.
  8. Darbringung im Tempel.
  9. Kindermord zu Bethlehem.
  10. Flucht nach Ägypten.
  11. Auferstehung der Toten.
  12. Erweckung des Lazarus.
  13. Christus erscheint dem Priester.
  14. Christus erscheint dem heiligen Franziskus.
  15. Der hl. Antonius von Paduas lesend in einem Gebäude.
  16. Christophorus trägt das Jesuskind über das Wasser.
  17. Der heilige Sebastian von Pfeilen durchbohrt.

Blattgröße: 19 x 13,6 cm; Schriftspiegel 10 × 6,5 cm.

KOLLATION

1 weißes Blatt; 144 nicht num. Blatt; 1 weißes Blatt.
Vollständig.

EINBAND

Wohl originaler dunkelbrauner Ledereinband über Holzdeckeln. Deckel mit blindgeprägter Ornamentik sowie Streicheisenverzierungen. Gebunden über fünf Bünden. Zwei erneuerte vergoldete Messing-Schließen. Dreiseitiger Goldschnitt. Guter bis sehr guter Zustand. Rücken, Kanten und Gelenke berieben und etwas bestoßen. Kleinere Fehlstellen im Bezug sowie einige wenige kleine Wurmlöchlein.
Quartformat: 19,5 × 14 x 4,3 cm.

ZUSTAND

Sehr guter und genuiner Zustand mit Alters- und Gebrauchsspuren. In den Rändern etwas gebräunt, die Miniaturblätter etwas stärker. Ferner partiell fingerfleckig und an der unteren Ecke etwas abgegriffen. Die Miniaturen stellenweise schwach berieben, teils mit leichtem Farbabrieb. Die Doppelseite mit dem Passionszyklus stärker berieben und mit geschlossenem Einriss (bis ca. 3 cm in die Darstellung hinein).

PROVENIENZ
  • Sammlung Dr. Sylvia Legrain
  • Koller Auktionen, Auktion 188, 26. März 2019, Los 521 (dort von SL für 78.500 CHF erworben)
  • Schweizer Privatsammlung (von dort eingeliefert)
  • Dr. Ernst Hauswedell, Auktion 181, 25./26. November 1971, Los 1008
KULTURGUT SICHER ERWERBEN

Hiermit wird die einwandfreie Herkunft der vorliegenden Handschrift bestätigt. Das Werk ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter und wurde mit der LostArt-Datenbank abgeglichen. Es besteht gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen bei Lieferungen außerhalb der EU eine Ausfuhrgenehmigungspflicht.

Preis
65.000 €
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Tilo Hofmann
Artikelnummer
A823
Prächtiges Stundenbuch mit 17 Miniaturen

„Wenngleich die gemalten Bildräume und Szenerien ansprechend konzipiert sind und auch die Randbordüren durchaus luxuriös ausgestattet sind, so ist der Malstil des unbekannten Miniaturmalers noch graphisch ausgerichtet und gegenüber der damaligen Buchmalerelite wenig progressiv und etwas zurückgeblieben. Das auch schon der nordfranzösischen Buchmalerei zugewiesene Stundenbuch lässt, gerade was die graphische Ausrichtung der Malereien angeht, alternativ an eine Herkunft aus Flandern, womöglich Brügge denken. Der Stil und das Verständnis der Landschaftsszenerien erinnert an die Bildminiaturen des auf 1454 datierten Magdalenen Missale aus der Magdalenenkirche in Brügge (Brügge Grootseminarie ms 48/3), wo ein ähnlich konzipierter Figurenstil und vergleichbare Randbordüren erkennbar sind. Eine Datierung zwischen 1460 und 1465 scheint denkbar.“

Prof. Dr. Gaudenz Freuler, Universität Zürich

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Highlight

Mittelalterliche Bibelhandschrift

Biblia Sacra, Paris, um 1250

Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.

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