Thomas von Aquin (1225-1274)
Summa theologiae, seconda pars.
Peter Schöffer, Mainz, 6. März 1467
Kolophon und Datierung auf dem letzten Textblatt.
Äußerst frühe, von Peter Schöffer auf der Presse von Johannes Gutenberg gedruckte Inkunabel. Zweite Ausgabe der Summa thologiae von Aquin und das erste Werk, das allein von Peter Schöffer, einem Schüler Gutenbergs, gedruckt wurde. Die zahlreichen überlieferten Schriften des heiligen Thomas von Aquin sind allesamt Vorarbeiten für seine große „Summa theologiae“, die 1265 begonnen wurde und die, wie der Name suggeriert, die Summe allen Wissens sein sollte. Das vorliegende Werk zählt daher nicht nur zu den bedeutendsten philosophischen Werken der mittelalterlichen Kirche, sondern auch zu den wichtigsten philosophischen Werken, die je geschrieben wurden. Der hier vorliegende Druck umfasst den zweiten Teil der Summa, der sich der Ethik widmet und sich mit Moral, Tugend und dem kontemplativen Leben befasst. Der zweite Teil war und ist der am meisten gelesene Teil des Gesamtwerks, von dem jeder Teil eine eigene Druckgeschichte hat. Der zweite Teil wurde als erster gedruckt (Erstausgabe Mentelin in Straßburg, nicht nach 1463). Der erste Teil (Theologie) wurde um 1469 gedruckt, der dritte Teil (Christus) erst um 1474. Die Zusammenstellung aller Teile erschien erst über zwei Jahrzehnte nach dem ersten Druck des zweiten Teils in Basel bei Michael Wenssler, im Jahr 1485.
Die Summa ist nach der scholastischen Praxis der Disputatio aufgebaut und besteht aus einer Reihe von theologischen Fragen, gefolgt von Argumenten pro und contra, die Aquins Lehrmeinungen zu jedem Thema darlegen. Indem er Autorität und Argumentation miteinander verband, brachte Aquin seine unverwechselbare philosophische Sichtweise auf die christliche Religion ein, indem er die neu übersetzten Werke des Aristoteles neben den zuvor entwickelten platonischen Vorstellungen von Sein und Verstand integrierte. Der Kunsthistoriker Erwin Panofsky verglich die Summa bekanntlich mit einer gotischen Kathedrale, die beide „das gesamte christliche Wissen, theologisch, moralisch, natürlich und historisch, mit allem, was nicht mehr an seinem Platz war, verdrängt“ und „nach einem System homologer Teile und Teile von Teilen“ angeordnet sind.
Die hier vorliegende Ausgabe ist die erste datierte Ausgabe eines Teils dieses bedeutenden Gesamtwerkes von Aquin und gleichzeitig das erste Buch, das Schöffer nach dem Tod seines Partners Johann Fust druckte. Dieses Exemplar hat das alternative Kolophon von Pellechet ohne Druckereinrichtung. Von diesem Werk sind nur zwei weitere Exemplare auf Auktionen bekannt, die beide ehemals zur Estelle Doheny-Collection gehörten.
Zweispaltige gotische Type in 59 Zeilen. Eine große, prachtvoll illuminierte und goldgehöhte Anfangsinitiale in Grün und Rosa auf dem ersten Blatt. Durchgehend in Rot rubriziert und mit etlichen mit Hand eingemalten Initialen in Rot. Auch die Kapitelüberschriften sind in Hand mit in Rot geschrieben.
Satzspiegel: 27 x 18,5 cm. Blattformat: 40 x 29,5 cm.
258 nicht num. Blatt. Absolut vollständig.
Lagenformel: a-e10; f12; g-k10; l-n8; o-t10; v6; x-z10; A-C10; D6.
Originaler, spätgotischer Einband. Blindgeprägtes Kalbsleder über massiven Holzdeckeln. Auf den Deckeln rechteckig und diagonal verlaufende Streicheisenfilete. Zwei originale, intakte Schließen. Die Deckel mit zehn Messingbuckeln und vorn mit altem, handgeschriebenem Titelschild. Gebunden auf sechs Doppelbünden. Kopf und Schwanz mit aus Leder geflochtenen Kapitalwulsten. Buchblock vorn mit Resten alter Blattweiser. Guter bis sehr guter Zustand. Die ehemals vorhandenen stärkeren Gebrauchsspuren und Schäden wurden fachmännisch und sorgfältig unter Nutzung von originalen oder zeitgenössischen Materialien konserviert und restauriert und folgende Mängel beseitigt: Deckel war ehemals gebrochen und stärker wurmstichig, teils mit größerem Substanzverlust an Kanten und Ecken. Der Buchblock stand vorn aus den Deckeln und die Schließen konnten nicht geschlossen werden (siehe Restaurierungsbericht). Hierbei wurde im Sinne der originalen Erhaltung entschieden, den sehr fragilen Rücken sehr aufwändig punktuell zu restaurieren und nicht zu erneuern. Der Rücken bleibt somit fragil, ist aber intakt und original erhalten.
Königsfolio: 41 x 31,5 x 10,5 cm.
Sehr gute und genuine Erhaltung mit nur wenig Gebrauchsspuren. Sehr sauberes und äußerst breitrandiges Exemplar. Äußerst kräftiger, haptisch fühlbarer Druck auf festem Büttenpapier. Erstes Blatt in den Rändern stärker gebräunt. Die Anfangsinitiale stärker berieben und mit einigen Farbverlusten. Erste Lage mit kleineren Läsuren am Außenrand und stärkeren neutralisierten Wurmgängen im Bugbereich. Sonst durchgehend in den breiten Rändern mit einigen schwächer werdenden und hinten wieder zunehmenden Wurmlöchern, teils mit etwas Textberührung. Blatt y1 stärker knittrig. Ansonsten keine nennenswerten Defekte oder Risse und keine Verluste. Einige wenige handschriftliche Marginalien in brauner Tinte.
Literatur: ISTC it00209000; GW M46483; BSB-Ink T-287; Hain 1459*; BMC I 24; Bod-inc T-172; Goff T-209; Pellechet 1049 (Variante); Madsen 3931, 3932; Ohly-Sack 2763.
Bibliotheken: ISTC verzeichnet lediglich in 62 Bibliotheken Exemplare, in acht davon unvollständig oder fragmentarisch erhalten.
Hiermit bestätigen wir Originalität sowie einwandfreie Herkunft der vorliegenden Inkunabel. Das Objekt ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter und wurde mit dem Lost-Art-Register abgeglichen. Für die Lieferung außerhalb der EU ist eine Ausfuhrgenehmigung der Kulturbehörden erforderlich. Diese wird von uns nach Eingang des Kaufpreises beantragt und dauert ca. 14 Tage. Für die Verbringung in EU-Länder ist aufgrund der festgelegten Wertegrenzen keine Ausfuhrgenehmigung erforderlich.
Thomas von Aquins „Summa theologiae“ im spätgotischen Originaleinband
Peter Schöffer, Mainz, 6. März 1467
Äußerst frühe, von Peter Schöffer auf der Presse von Johannes Gutenberg gedruckte Inkunabel. Zweite Ausgabe der Summa thologiae von Aquin und das erste Werk, das allein von Peter Schöffer, einem Schüler Gutenbergs, gedruckt wurde. Die zahlreichen überlieferten Schriften des heiligen Thomas von Aquin sind allesamt Vorarbeiten für seine große „Summa theologiae“, die 1265 begonnen wurde und die, wie der Name suggeriert, die Summe allen Wissens sein sollte.
Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.
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